Polizeigewalt in Schleswig-Holstein: Faustschläge für Flüchtlinge

In Neumünster landeten protestierende Asylsuchende und ihre Unterstützer im Krankenhaus und in Gewahrsam. Sie demonstrierten für mehr Bewegungsfreiheit.

Platzwunde: Angemessen, findet die Polizei. Bild: Refugees Revolution Oranienplatz

NEUMÜNSTER taz | Vor der schleswig-holsteinischen Landesunterkunft für Asylbewerber hat die Polizei am Montag eine Demonstration von Flüchtlingsaktivisten gewaltsam aufgelöst. Knapp 60 Menschen hatten vor dem Tor der ehemaligen Scholtz-Kaserne in Neumünster gegen die Unterbringung in den Gebäuden protestiert.

Die Unterkunft in Neumünster wollten die Flüchtlinge im Rahmen einer deutschlandweiten Bustour besuchen. Seit Februar setzen sich die Aktivisten in mehreren Städten für die Rechte von Asylsuchenden ein. Sie fordern freien Zutritt zu Flüchtlingsheimen. In Neumünster blieb das Kasernentor jedoch verschlossen. Die Polizei sperrte den Eingang ab.

Laut Polizei waren rund 100 Beamte im Einsatz. Die Flüchtlinge und ihre Unterstützer aus Kiel und Neumünster hatten die Demonstration nicht angemeldet. Zu Beginn hatte ein Polizist allerdings gesagt, man werde die Versammlung tolerieren, solange niemand versuche, über den Zaun auf das Kasernengelände zu klettern. Begleitet von Vertretern des Landesamts für Ausländerangelegenheiten durfte eine Gruppe von sechs Aktivisten das Gelände betreten, um dort Informationsmaterial an Pinnwände zu hängen. Die Flüchtlinge forderten aber Gespräche mit den Bewohnern ein.

Im Laufe der Protestaktion betraten Demonstranten die Straße und stoppten dort einen Linienbus. Ein Aktivist hatte sich auf die Straße gelegt. Die Polizisten drängten die Menschen zunächst zurück in die Kaserneneinfahrt. Dann versuchten die Beamten, einen der Flüchtlinge aus der Gruppe zu lösen. Sie sprühten Pfefferspray in die Augen der Aktivisten und schlugen einigen von ihnen mit der Faust ins Gesicht. Sechs Protestierende wurden schließlich vorübergehend in Gewahrsam genommen.

Gehirnerschütterung und Platzwunde

Ein Demonstrant erlitt in der Auseinandersetzung mit Polizisten eine Gehirnerschütterung, ein anderer musste mit einer Platzwunde am Auge ins Krankenhaus. Flüchtlinge und Unterstützer hatten sich zunächst miteinander verhakt, um die Verhaftung eines Mannes zu verhindern. Die Polizisten trennten die Gruppe. Einer jungen Frau versetzten Beamte dabei mehrere Fußtritte in den Rücken, während sie am Boden lag. Als ein Protestierender danach zu einem Mikrofon griff, stieß ihm ein Polizist mit der flachen Hand ins Gesicht, drückte ihn zu Boden und nahm ihn ebenfalls in Gewahrsam.

Laut Polizeisprecher Rainer Wetzel wird den Demonstranten Widerstand gegen Vollzugsbeamte und die Gefährdung des Straßenverkehrs vorgeworfen – nicht aber Körperverletzung. Trotz des friedlichen Protests sei der Umgang der Polizisten mit den Demonstranten, die im Krankenhaus behandelt wurden, aber „selbstverständlich angemessen“ gewesen.

Die Aktivisten der „Refugees’ Revolution Bus Tour“ kritisieren dagegen das Vorgehen der Polizei als „extrem eskalativ“. Die politische Arbeit der Flüchtlinge sei „sabotiert, kriminalisiert und gewaltvoll verhindert“ worden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.