Mahlzeiten beeinflussen Arbeitsleistung: Gemeinsam Essen macht schlampig

Steht eine Verhandlung an, sollte man vorher mit Freunden speisen. Wer hingegen sein Mittagessen alleine im Büro einnimmt, macht danach weniger Fehler.

Zusammen Essen: Das kann ja nicht gut für die Konzentration sein. Bild: ap

BERLIN taz | Welchen Effekt hat eine gemeinsame Mahlzeit? Wissenschaftler haben in einer Studie Veränderungen emotionaler und kognitiver Prozesse in Folge unterschiedlicher Essenssituationen untersucht – und Erstaunliches herausgefunden.

Anders als erwartet, stellten die Psychologen um Werner Sommer von der Humboldt Universität zu Berlin (HU) keine positive Änderung der Stimmung nach einem gemeinsamen Essen fest. Die Versuchspersonen schätzten sich nicht als besser gelaunt ein, dafür aber entspannter.

Ein weiterer Effekt war zu beobachten: Die Aufmerksamkeit für negative Emotionen anderer stieg. Das sei eine „gute Voraussetzung für jegliche Art sozialer Interaktionen“, sagt Birgit Stürmer, Co-Autorin der Studie. „Wenn soziales Geschick verlangt wird“, sollte man in Gemeinschaft speisen, zum Beispiel vor Besprechungen oder Verhandlungen.

Die gemeinsame Mahlzeit hat aber auch negative Folgen. Die Konzentrationsleistungen verschlechtern sich, da die kognitive Kontrolle (die Kontrolle der Informationsverarbeitung) reduziert wird. „Unsere Versuchspersonen waren etwas nachlässiger und laxer. Die Hirnstromkurven zeigen, dass Fehler weniger stark verarbeitet und eher hingenommen werden“, sagt Stürmer der taz.

Restaurant oder Schreibtisch

Für die Studie wurden 32 weibliche Versuchspersonen getestet. Sie nahmen ihr Mittagessen entweder alleine am Arbeitsplatz im Büro ein oder mit einer Freundin im Restaurant. Im Anschluss an die jeweilige Mahlzeit wurde deren Wirkung auf die emotionale Stimmung der Probandin per Fragebogen, und auf die Wahrnehmung per EEG (Hirnstrom-Messung) und Reaktionszeit-Test untersucht.

„Ich würde erwarten, dass die Befunde sich in bestimmte Arbeitsverhältnisse übertragen lassen“, sagt Studienleiter Sommer. Wer effizient arbeiten wolle, für den sei „ein gemeinsames Mittagessen eher ungünstig“. Auch Stürmer folgert, eine kurze Essenspause im Büro sei ratsamer als der Restaurantbesuch, wenn man am Nachmittag exakt und mit viel Aufmerksamkeit arbeiten müsse. Ob sich die Empfehlung einer Mittagspause am Arbeitsplatz mit dem Betriebsverfassungsgesetz deckt, ist jedoch fraglich.

Die Erkenntnisse der HU-Studie, die erstmals wissenschaftlich die psychologischen Folgen unterschiedlicher Essenssituationen untersuchte, sind in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift PloS One erschienen. Welchen Einfluss die unterschiedlichen Essenssituationen auf die Gesundheit haben, wurde nicht erfasst.

Die Ergebnisse der Pilotstudie sollen vertieft werden, sagt Stürmer. Die Wissenschaftler wollen erneut Aufmerksamkeit, Konzentration und Empfindsamkeit gegenüber anderen Menschen messen. Den aktuellen Ergebnissen folgend, werden zusätzlich Auswirkungen auf soziale Kooperationen untersucht.

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