Plattdeutsch: Back in town

Folkloristisch, ungebildet, bodenständig: Platt hat ein Imageproblem. Jetzt kommt die Sprache zurück in die Schule und erobert musikalisch den Norden.

"De Fofftig Penns": Hip-Hop und Platt passen definitiv zusammen. Bild: Promo

Riemelmeester Malte, der Kommodige Jakob und der Plietsche Torbän haben sich in ihre Bühnen-Outfits geworfen: weiße Maleranzüge mit gelb-schwarzem Klebeband verziert, Megaphon und Sonnenbrillen erinnern an besten 90er-Jahre-Elektrotrash.

Die drei Jungs von "De Fofftig Penns" schieben sich durch die kleine Menge vor der Bühne im Hamburger Westwerk. "Das Konzert in Hamburg war das beste, das wir bisher gegeben haben", wird Malte Battefeld alias Riemelmeester Malte später sagen. Und tatsächlich hüpft das Publikum bei den ersten Hip-Hop-Klängen mit und erjubelt sich nach einer Stunde Konzert mit Liedern wie "Bannig kommodig" oder "Schranz op de Deel" zwei Zugaben.

Battefeld und seine Bandkollegen Torben Otten und Jakob Köhler lassen an diesem Abend eine kleine Fangemeinde zurück. Und zwei Erkenntnisse: Sprechgesang und Plattdeutsch passen gut zusammen. Und: Plattdeutsch ist nicht tot. Der Erfolg der 2007 gegründeten ersten plattdeutschen Elektro-Hip-Hop-Band dürfte allein in den plattdeutschen Texten liegen. Würden die drei 25-Jährigen, die in Bremen Nord gemeinsam zur Schule gingen und jetzt in Berlin und Hamburg leben, Hochdeutsch singen, wären sie nur eine unter vielen Elektrobands.

"Für die allermeisten Leute ist Plattdeutsch keine normale Sprache, sondern etwas Kurioses", sagt Battefeld und spricht damit das große Problem des Plattdeutschen an. Obwohl das Niederdeutsche seit 1999 zu den mehr als 70 geschützten Minderheitensprachen in Europa gehört, muss man nach selbstbewussten Sprechern wie Battefeld lange suchen. Aber es gibt sie und es werden allmählich mehr. Rainer Goltz, Sprecher des Bundesrates für Niederdeutsch und Geschäftsführer des Instituts für Niederdeutsch, sieht derzeit zwei Tendenzen: "Zum einen steht die Sprache de facto vor dem Aussterben. Zum anderen merken die Leute, dass mit dem Verlust der Sprache ein Stück Alltagskultur bedroht ist." Und so kommt mit Bands wie "De Fofftig Penns" oder auch mit NDR-Moderatorin Ina Müller nach jahrzehntelangem Stillstand Bewegung in die Platt-Sache. Das sieht auch Golz so: "Die Sprache muss in die Städte zurück, denn dort brodelt das Leben und dort kann auch die Sprache leben." Und sie kommt in die Stadt zurück. Hamburg führt als einziges Bundesland mit dem nächsten Schuljahr in der Primarschule, so sie denn kommt, das Pflichtwahlfach Niederdeutsch ein. Das wird das Plattdeutsche nicht vor dem Aussterben retten, aber es ist eine kleine, bannig kommodige Wiederbelebungsmaßnahme.

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