Freispruch im Autobrandstifter-Prozess: Justiz stellt das Feuer ein

Nach dem zweiten Freispruch in einem Prozess gegen politisch motivierte Autobrandstifter stehen die Strafverfolgungsbehörden erneut mit leeren Händen da.

Viel Qualm um nichts Bild: dpa

Es ist die zweite große Schlappe für die Strafverfolger in Sachen politisch motivierter Autobrandstiftung: Das Landgericht Berlin hat am Freitag einen 23-Jährigen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte ihn zunächst beschuldigt, am 17. Juni vergangenen Jahres einen VW in Friedrichshain angezündet zu haben. Darüber hinaus ordnete ihn die Staatsanwaltschaft der linksradikalen Szene zu und begründete so ein politisches Motiv.

Ein Gutachten des Bundeskriminalamtes kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die bei T. festgestellten Spuren von Lampenöl zahlreiche Ursachen haben können - selbst die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer zuletzt Freispruch beantragt. Daher ist nicht davon auszugehen, dass sie das Urteil anfechten wird.

Anders sieht es bei der im November freigesprochenen Alexandra R. aus. In deren Fall ging die Staatsanwaltschaft nach dem Freispruch in Berufung. Die "Indizienkette" sei nicht ausreichend gewürdigt worden, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Eine erste Verhandlung ist für Ende April angesetzt.

In beiden Verfahren wirft jedoch die Beweisführung Zweifel auf: Im Fall Christoph T. war ein erstes Verfahren bereits im Oktober geplatzt, weil die Staatsanwaltschaft ein neues Brandgutachten forderte. Laut Anklage wurden durch das Feuer Stoßstange, Kühlergrill und Teile des Motorraums beschädigt. Auch ein angrenzend parkendes Fahrzeug soll leichte Schäden davongetragen haben. Doch die drei Experten unter anderem vom Landes- und Bundeskriminalamt waren sich einig: Eine Brandstiftung lasse sich nicht belegen, vielmehr sei auch eine Selbstentzündung denkbar.

In dem Prozess gegen Alexandra R. gab sogar der Hauptbelastungszeuge eine widersprüchliche Täterbeschreibung ab. Der Polizeibeamte hatte ausgesagt, zuerst die Beschuldigte als dunkel gekleidete Person mit Basecap und anschließend einen Feuerschein an einem Fahrzeug gesehen zu haben. Ein anderes Mal gab er an, auch ein Gesicht gesehen zu haben, ohne es jedoch beschreiben zu können.

Bis zur späteren Festnahme hatten der Beamte und seine Kollegin die Person nicht lückenlos verfolgt, handfestere Beweismittel wie DNA-Spuren fehlten komplett. Der Amtsrichter entschied, dass eine Zugehörigkeit zur linken Szene, das Aufbewahren von Grillanzündern und das Sammeln von Artikeln über Autobrandstiftungen für eine Verurteilung nicht ausreiche.

Damit ist es den Strafverfolgungsbehörden bislang nicht gelungen, einen Täter mit politischem Motiv zu verurteilen. Auch der im November verhaftete Tobias P. wurde nach 43 Tagen Untersuchungshaft entlassen. Ein Richter hatte zuvor den Haftbefehl ausgesetzt, weil sich ein dringender Tatverdacht nicht mehr aufrechterhalten lasse. Das Verfahren gegen P. ist allerdings nicht eingestellt worden, mit einer Anklage ist zu rechnen.

Patrick Technau von der Soligruppe für Alexandra R. und Christoph T. kritisierte, dass die Anklage gegen T. "weder Hand noch Fuß" gehabt habe. "Es ging einzig und allein darum, einen politischen Menschen zu verurteilen."

Trotz des Ausbleibens von Fahndungserfolgen ist die Zahl der Autobrandstiftungen weiter gesunken. Seit Januar zählte die Polizei sechs Brandanschläge auf Fahrzeuge, bei denen ein politischer Hintergrund vermutet wird. Dabei kamen zehn Autos zu Schaden. Im vergangenen Jahr brannten im gleichen Zeitraum 40 Fahrzeuge ab.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.