Mütterfilm auf der Berlinale: Er soll ja nur liefern

Rebecca Millers „Maggie’s Plan“ erfreut mit Situationskomik, Woodyallenhaftigkeit und einem stimmigen Soundtrack.

Ein Ethan Hawke und eine Julianne Moore sitzen sich in an einem Tisch beim Essen gegenüber, hinter ihnen lodert ein Feuer im Kamin.

Dieses Paar wird sich noch trennen... Foto: Hal Monitor Inc./Berlinale

Kinder kriegen? Ja. Den Vater als Partner dazu? Nein. Für Maggie liegen die Dinge ziemlich klar. Mit engeren Beziehungen hat sie schlechte Erfahrungen gemacht und daraus die Konsequenz gezogen: Sie will Mutter sein, aber bitte ohne Körperkontakt. Mehr als sechs Monate würde sie den Zeuger dazu eh nicht ertragen. Dann lieber gleich als single mother glücklich werden. Und zwar von Anfang an.

Der Vater, den sich Maggie zum Samenspender erkoren hat, ist zwar nicht im engeren Sinne vorzeigbar, dafür hat er gute Gene: Er ist mathematisch begabt, und dass er, statt zu forschen, lieber ökologisch angebaute saure Gurken verkauft, stört nicht weiter. Er soll ja nur liefern.

Maggie, von Getra Gerwig mit der für sie typischen, inzwischen zur eigenen Kunstform erhobenen unerschütterlichen Außerweltlichkeit gespielt, kontrolliert gern die Dinge um sie herum. Vor allem die Menschen. Vielleicht ist die Hochschuldozentin deshalb auch so fasziniert von ihrem Kollegen John (Ethan Hawke spielt ihn charmant gequält), der ihr bereitwillig vom Leid seines Familienchaos zu Hause erzählt. Und auch noch an einem Roman schreibt, in dem er seine Erlebnisse daheim nur notdürftig fiktionalisiert. Irgendwann kommt es, wie es kommen muss: Die beiden landen zusammen im Bett, Maggie ist wenig später guter Hoffnung und die beiden bilden fortan mit Tochter Lily eine Familie. Fast ein Happy End. Doch das ist erst der Anfang.

Mit „Maggie’s Plan“ ist die Regisseurin Rebecca Miller schon zum dritten Mal bei der Berlinale vertreten. Von Schriftstellerbiografien kann sie aus eigener Erfahrung berichten, ihr Vater war der Erfolgsautor Arthur Miller. Dabei spielt John in der sich bald abzeichnenden Dreieckskonfliktkonstellation zwischen seiner früheren Frau Georgette – mit souverän hysterischer Komik gespielt von Julianne Moore – und seiner neuen Lebenspartnerin Maggie eher eine Nebenrolle.

Zielgenau verpeilt

Der Film lebt von seinen zielgenau verpeilten Dialogen, in denen das mehr oder minder selbstreflektierte bis egomanische Akademikermilieu durch den – nachhaltig gewonnenen und fair gehandelten – Kakao gezogen wird. Noch mehr aber von den Darstellern, die diese Zeilen sprechen und mit ihren Körpern in imitiertes Leben transformieren. Besonders Moore überzeugt in ihrer Rolle als von sich selbst eingenommene und – als sitzengelassene Partnerin und Mutter zweier Kinder – zu Recht gekränkte Karriereprofessorin. Als gegensätzlich angelegtes Antagonistinnenpaar agieren Moore und Gerwig zudem hervorragend gegeneinander. Hawke komplettiert das Team in der Rolle des schwachen Mannes, der in seiner Passivität andere die Dinge für sich regeln lässt.

Hinzu kommen reichlich schöne Details wie ein geschickt die stoische Gemütsstimmung von Maggie reflektierender Soundtrack, in dem etwa alte Ska- und Rocksteady-Klassiker zu Ehren kommen. Besonders schön der Einsatz von Dandy Livingstones Hit „A Message to You, Rudy“, den Maggie zu Hause auflegt, während der Gurkenhändler Guy bei ihr im Bad sein Erbgut hinterlegt.

Das Akademiker­milieu wird durch den – fair gehandelten – Kakao gezogen

Auch für Situationskomik gibt das Spiel der Beteiligten reichlich Raum, wobei selbst die ausgesucht gediegenen Ausstattungen der einzelnen Haushalte – die anheimelnd und kindgerecht schlicht gehaltene Loft-Wohnung von Maggie und John, das krümelfrei sterile Haus von Georgette und vormals auch John – als Projektionen der wohlgeordneten Lebensentwürfe dienen, von denen ihre Bewohner weit entfernt sind.

Die Handlung gestattet sich ein paar unordentliche Schlenker, was im Ablauf der Dinge allerdings nicht stört. Das Tempo bleibt lebhaft, und für viele Einfälle kann man Miller, die das Drehbuch selbst verfasst hat und diesbezügliche Vergleiche mit Woody Allen durchaus als Kompliment verstehen darf, sehr dankbar sein. So hat sie selbst den Starphilosophen Slavoj Žižek nebenbei mit in den Filmkanon aufgenommen – als Protagonisten, mehr sei an dieser Stelle nicht verraten. Und die frühere Riot-Grrrl-Musikerin Kathleen Hanna bekommt einen charmanten Nebenauftritt in einer Hotelbar, wo sie an der Ukulele Coverversionen von Bruce Springsteen darbietet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.