Protestaktion „Ende Gelände“: Ausblick vom Bagger

Über 1.500 Menschen erreichten die Förderanlagen praktisch ohne Widerstand. Die Besetzung ist aber noch nicht vorbei.

Die AktivistInnen laufen zum Braunkohleabbau

Auf dem Weg die AktivistInnen Foto: Malte Kreutzfeldt

PROSCHIM/WELZOW taz | Dass es so einfach gehen würde, hat die AktivistInnen dann doch überrascht: Noch am Freitagmorgen hatten sie geübt, wie man Polizeiketten überwindet, etwa indem sich eine Gruppe teilt und auffächert. Doch als sie dann am Mittag durch Wälder und über Felder tatsächlich in den Tagebau zogen, wurden diese Taktiken nicht gebraucht: Über 1.500 Menschen erreichten die Förderanlagen praktisch ohne Widerstand – und der Tagebau stand den ganzen Tag lang still. „Ein großer Erfolg für die Klimabewegung“, bilanzieren die Organisatoren vom Aktionsbündnis „Ende Gelände“, die gegen die Klima- und Landschaftszerstörung durch die Braunkohle-Nutzung protestieren.

Einen Tag früher als zunächst angekündigt machten sich die KlimaschützerInnen am Freitag Mittag auf den Weg, aufgeteilt in drei Gruppen, überwiegend gekleidet in weiße Schutzanzüge und ausgerüstet mit Staubschutzmasken, Strohsäcken und Transparenten. Wegen der großen Beteiligung aus anderen Ländern wird überwiegend englisch gesprochen. „What do we want? Climate justice!“, rufen sie auf ihrem kilometerlangen Marsch. Und: „Leave the coal in the ground!“

Am frühen Nachmittag haben sie das Ziel erreicht: Zwei Gruppen gehen in den Tagebau hinein, einige klettern auf die riesigen Bagger, die sonst die Kohle aus dem Grund holen, andere tanzen zu den Klängen einer Sambaband auf den Förderbändern, auf denen an anderen Tagen der klimaschädliche Brennstoff abtransportiert wird. Eine dritte Gruppe besetzt außerhalb des Tagebaus die Schienen, über die normalerweise die Braunkohle abtransportiert wird. Auch hier beschränken sich die wenigen Polizisten und Vattenfall-Mitarbeiter darauf, die Situation zu beobachten.

„Wir haben uns wie angekündigt zurückgehalten“, sagte die Sprecherin der zuständigen Polizei Cottbus, Iris Filohn. „So ein großes Gebiet lässt sich ohnehin nicht schützen.“ Weil das Tagebau-Gelände nicht eingezäunt ist, stelle das Betreten nach Ansicht der Staatsanwaltschaft keinen Hausfriedensbruch dar, sagte Filohn der taz. Auch Nötigung sei nicht gegeben, weil der Tagebau-Betrieb aufgrund der angekündigten Proteste vorsorglich eingestellt worden sei. Die Einsatzkräfte konzentrierten sich daher darauf, die Aktionen mit Kameras zu dokumentieren, um später mögliche Sachbeschädigungen verfolgen zu können.

Die Besetzung geht weiter

Der Betreiber-Konzern Vattenfall sieht die Aktion weniger entspannt. „Unsere Aufforderung, das Firmengelände nicht zu betreten, ist ignoriert worden“, sagte Firmensprecher Thoralf Schirmer der taz. „Diejenigen, die es betreten haben, zeigen ein unverantwortliches Verhalten und riskieren anderer Leute Gesundheit.“ Dass Unternehmen sei froh, dass bisher niemand zu Schaden gekommen sei.

Schirmer bestätigte, dass der Tagebau am Freitag „planmäßig nicht in Betrieb“ war. Dazu habe sich das Unternehmen „auch im wegen der speziellen Lage an diesem Wochenende“ entschlossen. Auf die Versorgung des Kraftwerks Schwarze Pumpe, das vom Tagebau Welzow aus mit Kohle beliefert wird, hatten die Proteste bisher aber keine Auswirkungen, sagte Schirmer. Ob es dabei bleibt, ist offen. Die Kohlevorräte langen im Normalfall für einen Tag.

Die Besetzung soll aber am Samstag fortgesetzt werden. Und einige der Protestierer stellten sich offenbar darauf ein, auf den Baggern oder auf den Gleisen zu verbringen. Wie Polizei und Unternehmen darauf reagieren werden, war am Freitagabend noch offen.

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