Vorschlag zum Staatsbürgerrecht: Deutscher Pass für jedes Baby?

Thüringens linker Ministerpräsident Ramelow fordert, Flüchtlingskindern generell die deutsche Staatsbürgerschaft zu gewähren.

Das in Hannover geborene Flüchtlingsmädchen Angela Merkel Ade mit ihrer Mutter

Ginge es nach Ramelow, wäre das Flüchtlingsmädchen Angela Merkel Ade jetzt Deutsche Foto: dpa

BERLIN taz | Mit Blick auf die Integration von Flüchtlingen hat Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) eine Reform des deutschen Staatsbürgerrechts gefordert. Flüchtlingskinder, die hier geboren werden, sollten automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, schlug Ramelow im Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) vor.

Seit der Reform des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts durch die rot-grüne Koalition im Jahr 2000 entscheidet zwar grundsätzlich der Geburtsort – und nicht die Nationalität der Eltern –, welche Staatsangehörigkeit ein Kind erhält.

Das Geburtsortprinzip (ius soli) gilt aber nur mit Einschränkungen. So muss zumindest ein Elternteil länger als acht Jahre in Deutschland leben, was die meisten Kinder heutiger Flüchtlinge ausschließt. Anders als andere Einwanderer können sich anerkannte Flüchtlinge aber bereits nach sechs Jahren einbürgern lassen, außerdem wird bei ihnen die Mehrstaatlichkeit generell hingenommen.

Ramelows Vorschlag stieß bei SPD und Grünen auf Zustimmung. „Die deutsche Staatsangehörigkeit ist eine wichtige Vor­aussetzung für die Integration hier, und die doppelte Staatsbürgerschaft ist ein selbstverständlicher Teil der Anerkennungskultur in Deutschland“, sagte die SPD-Fraktionsvize Eva Högl der taz.

Schon jetzt bekämen Kinder, die in Deutschland geboren würden, automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ihre Eltern mindestens acht Jahre legal in Deutschland leben und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besäßen. Das gelte auch für anerkannte Flüchtlinge. „Diese Regelung zu erweitern, damit mehr in Deutschland geborene Kinder von Geflüchteten die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, ist ein guter Vorschlag von Bodo Ramelow.“

Zustimmung von den Grünen

Auch Volker Beck (Grüne) begrüßt die Idee. „Wer in Deutschland geboren wird, soll die deutsche Staatsangehörigkeit bekommen, wenn zumindest ein Elternteil sich hier rechtmäßig aufhält“, sagte der integrationspolitische Sprecher der Grünen der taz. „Das ist eine einfache Regelung, die sich etwa in Kanada und den USA bewährt hat. Damit wird in Deutschland geborenen Kindern von Anfang an signalisiert, dass sie dazugehören. Das wirkt integrationsfördernd, da hat Ramelow ganz recht.“

Einen Gesetzentwurf zur konsequenten Umsetzung des Geburtsprinzips im Staatsbürgerschaftsrecht haben die Grünen im April 2015 – erfolglos – in den Bundestag eingebracht.

Kritik kam dagegen aus der Union. „Der Vorschlag von Herrn Ramelow grenzt an Anbiederung“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer, der taz. „Wir sollten jetzt wegen der vielen Asylsuchenden im vergangenen Jahr nicht unsere sämtlichen Prinzipien – wie das Abstammungsprinzip im deutschen Staatsangehörigkeitsrecht – über Bord werfen“, erklärte der CSU-Politiker.

Der Vorschlag sei aber auch „kontraproduktiv für die Integration“, meint Mayer: „Wenn alle neugeborenen Flüchtlingskinder sofort Deutsche würden, würde ein entscheidender Anreiz für Integrationsbemühungen genommen – den Kindern, vor allem aber auch ihren Eltern.“

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