Er glaubte fest an die Macht des Wortes

Israel Der Schriftsteller, Lehrer und Friedensaktivist Reuven Moskovitz ist in Jerusalem gestorben

Reuven Moskovitz Foto: privat

JERUSALEM taz | Mehr als 50 Jahre hat sich Reuven Moskovitz für die Versöhnung zwischen den verfeindeten Völkern und Menschen starkgemacht. Zwischen Israelis und Palästinensern ebenso wie zwischen Juden und Deutschen. 1974 kam Moskovitz, der selbst den Holocaust überlebt hatte, zum ersten Mal nach Deutschland, ins Land der Naziverbrecher, und traf dort auf Gesinnungsgenossen in seinem Kampf gegen Rassismus und Intoleranz. Er verbrachte damals ein Forschungsjahr in Berlin und arbeitete an dem für ihn paradigmatischen Thema „Deutsche und Juden zwischen der Macht des Geistes und der Ohnmacht der Gewalt“. Um „auf die furchtbare Situation in meinem Land Israel“ aufmerksam zu machen, trat er 1991 auf einem Kirchentag in einen begrenzten Hungerstreik.

Seine Freunde in Israel werden ihn vor allem als Mitgründer des Dorfes Newe Schalom, der „Oase des Friedens“ in Galiläa, in Erinnerung halten, in dem Juden, Muslime und Christen zusammen leben. Am vergangenen Freitag ist der 89-jährige in seinem Haus in Jerusalem gestorben.

Moskovitz kam 1928 in dem rumänischen Schtetl Frumușica zur Welt. Als Elfjähriger musste er ins Ghetto, überlebte die Verfolgung und wanderte nach dem Zweiten Weltkrieg nach Palästina aus. Er war Mitgründer eines Kibbuz und studierte Geschichte und hebräische Literatur. Als Lehrer unterrichtete er diese Fächer später selbst an einem Gymnasium.

Parallel dazu arbeitete er bei der Organisation Frieden und Sicherheit, die sich für den Abzug aus den im Sechstagekrieg besetzten Gebieten starkmachte. 2003 wurde er mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet. Ilan Frisch aus Newe Schalom erinnert sich, wie er seinen Freund Reuven in den frühen 70er Jahren kennenlernte. Moskovitz gehörte damals zum Kreis um Bruno Hussar, einem in Ägypten geborenen Juden, der später zum Christentum konvertierte und Priester wurde. Hussar gründete Newe Schalom, um die drei Religionen zusammenzubringen, wohingegen Moskovitz vor allem die Aussöhnung der beiden Völker vor Augen gehabt habe. „Er war immer hoch politisch und ideologisch“, berichtet Frisch am Telefon. Vor sieben Jahren reiste er auf einem Hilfsschiff Richtung ­Gazastreifen, um gegen die israelische Blockade zu protestieren.

Obschon er selbst nie in Newe Schalom lebte, sorgte er in den Anfangsjahren dafür, dass das Dorf fließend Wasser hat und ans staatliche Stromnetz angeschlossen wird. Einer seiner Enkel ging auf die arabisch-hebräische Schule im Dorf. „Newe Schalom verdankt ihm sehr viel auch an deutschen Kontakten, die uns finanziell unterstützten“, sagt Frisch.

Noch in den vergangenen Jahren habe er Gruppen aus Deutschland ins Dorf gebracht. „Am Ende packte er seine Mundharmonika aus und spielte ein Lied. Das konnte er sehr gut.“ Gestern Nachmittag wurde Moskovitz auf dem Friedhof von Newe Schalom beigesetzt, wo auch Bruno Hussar begraben liegt. Susanne Knaul