Vor der Wahl in Honduras: Korrupt und von Gewalt geplagt

Der konservative Präsident Juan Orlando Hernández dürfte gar nicht antreten. Aber wer die Gerichte kontrolliert, darf dann doch.

Ein Mann und eine Frau winken

Oppositionskandidat Salvador Nasralla, hier mit Ehefrau Iroshka Elvir, will die Korruption angreifen Foto: Reuters

OAXACA taz | Ginge es nach der Opposition, wäre die Präsidentschaftswahl in Honduras vom kommenden Sonntag bereits ungültig, bevor sie überhaupt nur begonnen hat. „Nein zur Wiederwahl“ skandierten jüngst rund 10.000 Demonstrantinnen und Demonstranten auf den Straßen der Hauptstadt Tegucigalpa und forderten, dass der amtierende Staatschef Juan Orlando Hernández nicht mehr antritt.

Dass der Rechtspolitiker für den Urnengang kandidiere, sei illegal, erklärten die Protestierenden, die das Mitte-links-Bündnis „Oppositionelle Allianz gegen die Diktatur“ unterstützen. Auch die Liberale Partei (PLH) kritisiert Hernández’ erneute Kandidatur und spricht von „Landesverrat“.

Tatsächlich verbietet die honduranische Verfassung, dass ein Politiker zweimal das Präsidentenamt bekleidet. Nur eine von der Bevölkerung gewählte verfassunggebende Versammlung darf diesen Artikel ändern. Wer dagegen verstößt, macht sich des Landesverrats schuldig.

Doch davon haben sich Hernández und seine Nationale Partei (PNH) nicht aufhalten lassen. Der ihnen treue Oberste Gerichtshof erklärte das Verbot der Wiederwahl Anfang des Jahres für „unanwendbar“. Das ebenso dem Präsidenten nahestehende Wahlgericht (TSE) bestätigte die Entscheidung.

Kritik an der EU-Wahlbeobachtung

Nicht zufällig endete die Demonstration vom 7. November also vor dem Gebäude des TSE. Die Juristen unterlägen den Befehlen des Staatschefs, kritisiert Salvador Nasralla, der als Kandidat der Oppositionellen Allianz antritt. Sowohl sein Bündnis als auch die PLH vertrauen deshalb nur auf die tatsächlich in den Urnen nachprüfbar abgegebenen Stimmen. Offizielle Zahlen, die später über das Computersystem des Wahlgerichts errechnet würden, werde man nicht anerkennen, erklärte Nasralla.

Er kritisierte, dass die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und die EU Wahlbeobachter schicken will. Damit würde die widerrechtliche Kandidatur von Hernández legitimiert.

Herausforderer Nasralla kritisiert EU und OAS für die Entsendung von Wahlbeobachtern: Damit legitimiere man einen illegalen Urnengang

Bislang bestätigen Umfragen, dass der Staatschef gewinnen wird. Mehrere Meinungsforschungsinstitute versprechen Hernández etwa 40 Prozent der Stimmen, während Nasralla und der liberale Kandidat Luis Zelaya jeweils nur maximal 30 Prozent für sich verbuchen können.

Ze­la­ya verweist jedoch darauf, dass ein Viertel der Wahlberechtigten noch unentschieden sei: „Die Leute fragen sich, warum sie wählen gehen sollten, wenn sowieso schon alles geregelt ist“, sagt er.

Mit Anti-Terror-Gesetzen gegen die Opposition

Kritiker der Regierung befürchten, dass Hernández künftig noch schärfer gegen Oppositionelle vorgeht. Erst im September verabschiedete das von Hernández’ PNH dominierte Parlament eine Strafrechtsreform, die es ermöglicht, Oppositionelle als „Terroristen“ bis zu 20 Jahre zu inhaftieren. „Es kann nicht sein, dass die Mobilisierung der indigenen Völker für Arbeits- und politische Rechte sowie für den Schutz der Umwelt unter dem Vorwurf des Terrorismus verfolgt werden“, kritisierte der Abgeordnete der linken Partei Libre, Rasel Tomé.

Die Juristin Tirza Flores Lanza warf Hernández vor, er nutze die hohe Kriminalität, um mit der Strafrechtsreform auf Stimmenfang zu gehen. Honduras ist eines der Länder mit der höchsten Mordrate weltweit. Die vom Präsidenten propagierten Investi­tio­nen in den Bergbau und in Sonderwirtschaftszonen könnten mit weiteren Menschenrechtsverletzungen gegen die ländliche und indigene Bevölkerung einhergehen.

Schon jetzt gilt das Land nach Angaben der Organisation Global Witness Watch als das gefährlichste für Aktivistinnen und Aktivisten, die sich für Landrechte einsetzen, 131 wurden seit 2010 ermordet. Auch Mitglieder der LGBTI-Community und Journalisten sind ständig Angriffen ausgesetzt.

Die meisten dieser Verbrechen bleiben straflos. So auch der Mord an Berta Cáceres. Die 43-Jährige wurde 2016 getötet, weil sie Proteste gegen den Bau eines Staudamms des Unternehmens Desa organisiert hatte. Eine vor wenigen Wochen veröffentlichte Studie internationaler Experten kam zu dem Schluss, dass bislang keiner der Hintermänner gefasst worden sei. „Es sei offensichtlich“, so resümiert die Gruppe, „dass staatliche Kräfte (Polizei, Militär und Funktionäre) als auch die Leitung und Angestellte der Desa an der Planung, Ausführung und Vertuschung beteiligt waren.“

Hoffnungen auf die Partei Libre

„Greifen wir die Korruption und die Straflosigkeit an“, fordert deshalb Herausforderer Nas­ralla. Dessen Oppositioneller Allianz gehört auch die Partei Libre an, die der ehemalige Präsident Manuel Zelaya gründete. Zelaya war im Juni 2009 aus dem Amt geputscht worden, weil er sich dem damaligen so­zia­listischen Staatschef Vene­zue­las, Hugo Chávez, annäherte. Die Putschisten begründeten ihr Vorgehen vor allem damit, dass Zelaya verfassungswidrig für eine zweite Amtszeit kandidieren wolle.

Auch Aktivistinnen und Aktivisten setzen auf die Partei Libre. So zum Beispiel die Tochter von Berta Cáceres, Olivia Marcela Zúñiga. Sie tritt als Kandidatin für das Parlament an, das auch am kommenden Sonntag gewählt wird. Sollte sich das Mitte-links-Bündnis durchsetzen, würde eine langjährige Kontinuität durchbrochen, nach der entweder die liberale PLH oder die rechte PNH den Staatschef stellt.

Doch danach sieht es nicht aus. Nicht einmal eine Meldung aus den USA, die die New York Times Anfang Oktober verbreitete, konnte den Trend wenden. Demnach hat der dort einsitzende Drogenboss Devis Leonel Rivera Maradiaga gegenüber Strafverfolgern ausgesagt, dass Hernández mit Riveras Bande „Los Cachiros“ kooperiert habe. Der honduranische Staatschef habe von ihm 250.000 US-Dollar erhalten.

Hernández’ enger Berater, Ebal Díaz, wies die Vorwürfe zurück. „Hier ist keiner so sauber, dass er mit dem Finger auf andere zeigen sollte“, erklärte er. Alle am letzten Wahlkampf beteiligten Kandidaten hätten Geld von der Mafia erhalten.

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