Landesparteitag der Saar-Linken: In Zwietracht einig

Die Linke im Saarland streitet sich ausgiebig. Ein Genosse bietet Therapie für alle an. Doch am Ende gibt es tatsächlich ein Wahlergebnis.

Mann mit Brille an Mikrophon, hinter ihm ein Basketballkorb

Jochen Flackus bezeichnet seine Partei als „Scherbenhaufen“ – gewählt wird der er trotzdem Foto: dpa

VÖLKLINGEN taz | Hinter dem Parteitagspodium in der Hans-Netzer-Halle hängen Plakate mit den Begriffen, die für die Werte der Linken stehen: „Respekt“ und „Frieden“. Doch die Generalabrechnung der verfeindeten Flügel offenbaren beim Landesparteitag der saarländischen Linken gegenseitiges Misstrauen, persönliche Intrigen, ja sogar blanken Hass. Seit Monaten bekämpfen sich die streitenden GenossInnen mit Ausschlussanträgen und gelegentlich unappetitlichen Vorwürfen. Der Gründungsvorsitzende der Saar-Linken, Oskar Lafontaine, möchte sich den Parteitag am Samstag offenbar nicht zumuten. Er bleibt lieber zu Hause. Der Landesverband übt schon mal für die Zeit nach Oskar. Es wird nicht leicht.

Die scheidende Landesvorsitzende Astrid Schramm legt zum Auftakt vor. In der Rede, mit der sie ihren Rückzug begründet, attackiert sie erneut den saarländischen Linken-Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze. Ihm wird vorgeworfen, im Mai bei seiner Wahl zum Spitzenkandidaten der Partei für die Bundestagswahl getrickst zu haben. „Es gibt zahlreiche eidesstattliche Versicherungen, nach denen Stimmzettel kontrolliert und gekauft worden sein sollen“, sagt Schramm. Selbst der Bundespartei sei aufgefallen, dass im Saarland vor Listenaufstellungen verdächtig viele Barzahler die in die Partei aufgenommen worden seien.

Schramm wirft Lutze vor, eine Praxis zu unterstützen, „vor Listenwahlen im großen Stil neue Mitglieder nur für diese Wahl anzukarren“. Ein Genosse spricht in diesem Zusammenhang von „Eintagsmitgliedern“. Lutze möchte dazu nicht erneut Stellung nehmen. Er hatte den angeblichen Stimmenkauf stets bestritten, gegenüber der taz allerdings eingeräumt, vor Parteitagen auch schon mal die Beiträge säumiger Mitglieder aus der eigenen Tasche bezahlt zu haben. Lutze, der nicht wieder für das Amt des Landesschatzmeister kandidiert, verweist indes auf seine Erfolge. In seiner Amtszeit sei es gelungen, die Schulden der Landespartei abzubauen: „Wir schreiben wieder schwarze Zahlen.“

In der emotional geführten Aussprache wird einmal mehr deutlich, dass die Parteibasis die Grabenkämpfe leid ist. „Mich kotzt das an“, sagt einer, „ich weiß nicht, wem ich glauben soll und es interessiert mich inzwischen auch nicht mehr“, eine andere. Sogar von „elender Menschenhetze“ ist die Rede. Der Soziologieprofessor Bernhard Haupert, der eine Qualifikation als Supervisor vorweisen kann, bietet seinen GenossInnen schließlich sogar therapeutische Unterstützung an.

Trotz Streit wird gewählt

Zum neuen Landesvorsitzenden wird mit 93 von 153 Stimmen der Landtagsabgeordnete Jochen Flackus, 62, gewählt, der auch die Geschäfte der Linken Fraktion im saarländischen Landtag führt. Er gilt als Vertrauter Lafontaines. Flackus beschreibt die Lage der Landespartei als „Scherbenhaufen“ und beklagt: „Wir haben keine Ausstrahlung mehr!“ Er ruft den GenossInnen zu: „Wir müssen die Gräben überwinden, damit wir wieder politisch arbeiten können.“ Zu einem seiner Stellvertreter wählt der Parteitag den bisherigen Landesgeschäftsführer Andreas Neumann.

Auch ihm hat die scheidende Landesvorsitzende Schramm zuvor schwere Vorwürfe gemacht. Die Mitgliederliste sei in einem „katastrophalen Zustand“. So seien nicht einmal die Geburtsdaten ordentlich vermerkt, die für die Anforderungen des Parteiengesetzes dringend benötigt würden, sagt Schramm. Neumann war zudem vorgeworfen worden, Lutzes angebliche Manipulationen unterstützt zu haben. Es ist ausdrücklich Wunsch des neuen Landesvorsitzenden, alle Flügel in den neuen Vorstand einzubinden.

Doch auch der vielbeschworene Neuanfang geht nicht ohne Panne ab. Die Wahl des ehrenamtlichen Landesgeschäftsführers muss wiederholt werden. Flackus' Kandidat, Georg Weber, hat eingeräumt, zeitweise bei Luckes AfD mitgemacht zu haben. Statt seiner wird schließlich der frühere langjährige ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete Leo Stefan Schmitt gewählt. Der versichert den GenossInnen das Ende aller Manipulationen: „Glaubt mir, ich kenne alle Tricks“, sagt er.

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