Verfahren um „linksunten.indymedia“: Verbot auf dem Prüfstand

Das Verbot der linksradikalen Onlineplattform sorgte für große Furore kurz vor der Bundestagswahl. Nun wurde die Klagebegründung eingereicht.

Viele Menschen mit Flaggen und Bannern, ihr Spiegelbild auf der Straße

Demonstration im August 2017 gegen das Verbot von linksunten.indymedia.org Foto: dpa

Im Verfahren um das Verbot der Internetplattform „linksunten.indymedia.org“ haben die Anwälte der angeblichen Betreiber ihre Klagebegründung beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingereicht. Die Anwälte stellten bei den Maßnahmen gegen die Plattform nun gravierende Mängel formeller und inhaltlicher Natur fest. Dies geht aus der Klagebegründung hervor, die der taz vorliegt.

Im August 2017 hatte das Bundesinnenministerium „linksunten.indymedia“ wegen Aufrufen zu Gewalt verboten und die Räume des Kulturzentrums KTS in Freiburg durchsucht.

Die Prozessbevollmächtigten kritisieren nun, dass das Ministerium gar nicht zuständig gewesen wäre, die Website zu verbieten. Linksunten.indymedia als Onlineplattform falle unter die Zuständigkeit der Landesmedienanstalt Baden-Württemberg. Das Verbot sei damit eine Kompetenzüberschreitung des damaligen Bundesinnenministers Thomas de Maizière. Der Plattform wurde überdies keine Gelegenheit gegeben, die vermeintlich strafrechtswidrigen Inhalte zu entfernen.

Juristisch problematisch sei zudem die Beweisführung. Die Verbotsbegründung beruft sich in Teilen auf sogenannte „Behördenzeugnisse“. Diese enthalten Informationen, die die ermittelnden Ämter vom baden-württembergischen Verfassungsschutz erhielten. Problematisch ist, dass diese oftmals heiklen Informationen nicht begründet wurden. Sie können daher vor Gericht auch nur schwer als Beweis, sondern lediglich als Indiz gewertet werden.

„Vereinsrecht missbraucht“

Ein solches Behördenzeugnis sagt beispielsweise aus, dass Indymedia im durchsuchten Freiburger Kulturzentrum KTS einen für Außenstehende verbotenen Vereinsraum unterhalten hätte. „Das ist falsch“, kommentiert der Klägervertreter Sven Adam. „Mit den Akten über den Polizeieinsatz vom August 2017 können wir dies sogar beweisen und fordern deshalb, Zugang zu diesen Informationen zu erhalten.“ Besonders problematisch: Die für die Angeklagten stark belastende Zuordnung als „Betreiber“ von linksunten.indymedia fußt ebenfalls auf einem solchen Behördenzeugnis.

Die Behörden scheinen Probleme zu haben, an die Informationen der bei Razzien beschlagnahmten Computer zu gelangen. Die Daten waren verschlüsselt und es wurden sichere Mailadressen verwendet. Ob die Rechner inzwischen geknackt wurden, wollte das Innenministerium auf Anfrage der taz nicht bestätigen. Doch bereits den Einsatz von Verschlüsselungstechnologien wertete das BMI als problematisch. Es zeige ein „hochgradig klandestines und konspiratives“ Vorgehen, wie aus der Verbotsverfügung des Innenministeriums hervorgeht.

Die Klagebegründung vertritt die Auffassung, dass die Maßnahmen rechtswidrig ergangen seien. „Das Vereinsrecht wurde hier aus politischen Gründen missbraucht, um kritische Stimmen mundtot zu machen“, so Adam. „Das ist gefährlich, denn in Zukunft könnten damit auch andere Medien angegriffen werden.“

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