Razzia bei kurdischem Verein: Auf der Suche nach der PKK

Die Polizei in Hannover hat die Räume des kurdischen Vereins Nav Dem durchsucht. Vereinsmitglieder empfinden die Razzia als Repression.

Proteste in Hannover

Überwiegend friedlich: Proteste zum Newroz-Fest in Hannover. Foto: dpa

HANNOVER taz | Fünf Polizisten in Kampfmontur stehen im Treppenhaus. Mannschaftswagen der hannoverschen Polizei stehen vor der Tür. Zwei Beamte tragen große, leere Plastikkisten in das Gebäude in der Königsworther Straße, in dem der kurdische Verein Nav Dem seinen Sitz hat. Die zuständige Staatsanwaltschaft Lüneburg hat die Razzia angeordnet. Der Vorwurf: Mehrere Personen aus dem Verein „stehen im Verdacht, junge Kurden zum bewaffneten Kampf der PKK anzuwerben“, sagt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Offiziell läuft das unter „Verstoß gegen das Vereinsgesetz“.

Die kurdische Arbeiterpartei PKK ist in Deutschland seit 1993 verboten. Sie gilt hier als ausländische terroristische Vereinigung. Die beschuldigten Mitglieder des Vereins stünden im Verdacht, „den ideologischen Zusammenhalt der illegalen Strukturen der PKK“ zu fördern, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Der Verein Nav Dem fordert tatsächlich eine Aufhebung des PKK-Verbots. „Das der Nav-Dem-Vorstand die PKK fortführen würde, ist totaler Quatsch“, sagt Arno-Jermain Laffin jedoch, der selbst zum Vorstand gehört. Der Verein setze sich für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage ein.

Der Verein kritisiert die Bundesregierung

Die Razzia empfindet er als Repression. „Die drängen jegliches kurdisches Engagement in eine PKK-Ecke“, sagt Laffin. Nav Dem sei eine „unbequeme zivilgesellschaftliche Vereinigung“. In zahlreichen Demonstrationen protestierten die Mitglieder in Hannover nicht nur gegen die türkischen Angriffe auf die syrische Stadt Afrin, sondern kritisierten auch die deutsche Politik, etwa für Waffenlieferungen an die Türkei.

„Der Repressionsdruck wird erhöht“, meint auch Dirk Wittenberg von der Interventionistischen Linken. Aktivisten hatten bei Twitter dazu aufgerufen, Solidarität zu zeigen. Deshalb steht Wittenberg mit rund 30 Unterstützern während der Durchsuchung vor dem Gebäude. „Wir sind gegen Hagida gemeinsam auf die Straße gegangen“, sagt Wittenberg über den kurdischen Verein. Jetzt will er sie unterstützen.

Die Razzia sei „zwei Wochen nach Newroz eine Antwort auf die Niederlage vor Gericht“, glaubt Wittenberg. Zum kurdischen Neujahrsfest waren Mitte März tausende Menschen nach Hannover zu einer Demonstration gegen die türkischen Angriffe auf Afrin gekommen. Diese hatte die Polizei zunächst verbieten wollen, weil sie in dem Protest eine Unterstützung der PKK sah. Doch das Verwaltungsgericht kippte das Verbot, da dieses angesichts der hohen Bedeutung der Versammlungsfreiheit für die freiheitlich-demokratische Gesellschaftsordnung unverhältnismäßig sei.

Der Newroz-Demonstrationszug führte im März auf dem Weg Richtung Innenstadt direkt am Büro von Nav Dem vorbei. Mitglieder hielten ein großes Transparent aus dem Fenster.

Auch während der Durchsuchung standen Fenster im obersten Stockwerk offen. Die Polizei habe Fahnen, Transparente und Zeitschriften beschlagnahmt, sagt Vorstandsmitglied Laffin. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg bestätigte das „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht. Der Verein will nun juristisch gegen die Hausdurchsuchung vorgehen.

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