Regierungschef kritisiert Hausbesetzung: „Das können wir nicht zulassen“

Die konträren Positionen der Koalitionspartner zu Hausbesetzungen sorgen für Zoff bei Rot-Rot-Grün – und für ein Machtwort von Michael Müller.

Hält die Hausbesetzung vom Pfingstsonntag für Rechtsbruch: Regierungschef Müller (SPD) Foto: dpa

Die Haus-Besetzung vom Pfingstsonntag in Neukölln und vor allem die Rolle der Linkspartei dabei haben in der rot-rot-grünen Koalition offenbar noch ein Nachspiel. Führende Politiker von SPD und Grünen äußerten sich am Dienstag gegenüber der taz kritisch in Richtung ihres Koalitionspartners. „Ich finde es schon ein bisschen durchsichtig, wie man da versucht, Opposition in der Regierung zu spielen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek zu widersprüchlichen Äußerungen aus der Linkspartei. Dort hatte die Abgeordnete Katalin Gennburg die Räumung durch die Polizei kritisiert, die Landesvorsitzende Katina Schubert das Anliegen der Besetzer als richtig bezeichnet, während Bausenatorin Katrin Lompscher die Besetzung als „Eingriff ins Eigentumsrecht“ einordnete, der strafrechtliche Konsequenzen verbunden sein könnte.

„Ich kann nachvollziehen, dass Leute wegen der Wohnungsnot Angst haben, aber Hausfriedensbruch ist ja offener Rechtsbruch“, sagte Iris Spranger, nicht nur führende Bau- und Wohnungspolitikerin der SPD-Fraktion, sondern auch Vize-Landechefin der Sozialdemokraten. Sie hatte bereits zuvor kritisiert, dass die Linken-Politikerin Gennburg in einem Interview vor anderthalb Wochen Besetzungen als „legitimes Mittel“ bezeichnet hatte: „Man darf nicht zu Rechtsbrechung aufrufen“, sagte Spranger.

Im Grünen-Fraktionsvorstand sah man die Besetzung als politische Symbolaktion, die auf eine Problemlage hinweise. Die Auswahl der Hauses in der Bornsdorfer Straße in Neukölln – das dem landeseigenen Wohnungsunternehmen„Stadt und Land“ gehört – hielt man allerdings für wenig glücklich, denn diese Immobilie falle nicht unter spekulativen Leerstand: Dort sei ja unter anderem eine Kita vorgesehen gewesen, sagte Kapek. Mit Blick auf eine am Sonntag zwischenzeitlich möglich scheinende Einigung über einen Mietvertrag mit den Besetzern sagte die Grünen-Fraktionschefin, solche Aktionen dürften nur dem Gemeinwohl dienen und nicht den jeweiligen Besetzern persönliche Vorteile bringen

Die SPD-Abgeordnete Spranger, seit Jahren die zuständige fachpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion und zuvor gut informierte Staatssekretärin in der Finanzverwaltung, war allerdings durchaus überrascht, dass es im Bestand einer landeseigenen Wohnungsgesellschaft überhaupt derartige seit längerem leer stehende Häuser gibt. „Wir werden jetzt mit den Wohnungsbaugesellschaften sprechen“, sagte Spranger, „wir wollen wissen, wie viele das genau sind.“

Bausenatorin Lompscher sagte: Die Motivlage für die Besetzung sei „nachvollziehbar“ vor dem Hintergrund, dass es für Menschen mit geringem Einkommen immer schwerer werde eine Wohnung zu finden. „Trotzdem stellt eine Besetzung einen Eingriff ins Eigentumsrecht dar und kann strafrechtliche Konsequenzen haben“, sagte sie.

Die in der linken Szene geäußerte Kritik an der Räumung und Innensenator Geisel wies Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek zurück: „Ihm kann man keinen Vorwurf machen, er hat nach der geltenden Berliner Linie gehandelt.“ Geisel habe wie oft die Koalitionspartner umfassend informiert. Kapek regte allerdings an, bei der Berliner Linie, also der Vorgabe, eine Besetzung binnen 24 Stunden zu beenden, mehr zu differenzieren, gegen wen sich die Besetzung richtet. Auch aus den Reihen der Grünen hatte es allerdings kritische Äußerungen zur Räumung und Unterstützung für die Besetzer gegeben.

Die CDU-Fraktion forderte am Dienstagnachmittag „ein Machtwort des Regierenden“. Das kam prompt: Sorgen wegen der Wohnraum-Knappheit und steigender Mieten zu artikulieren, sei legitim, sagte Regierungschef Müller der taz. Doch der Zweck heilige nicht die Mittel: „Hausbesetzungen sind kein probates Instrument, sie verletzen Recht und Gesetz. Und das können wir nicht zulassen.“

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