EU-Ministerrat zu exklusiver Väterzeit: Ohne Gesetz ist Emanzipation schwer

Aus der geplanten Ausweitung der bezahlten Elternzeit für Väter wird nichts. Denn die deutschen Ministerien stimmten nicht rechtzeitig ab.

Ein Mann liegt auf einer Wiese in einem Liegestuhl, auf ihm ein Baby mit roter Mütze

Genießt dieser Papa nur schnell seine Mittagspause und muss gleich wieder ins Büro? Foto: dpa

BERLIN taz | Nicht nur in der Flüchtlings- und Migrationspolitik, auch familienpolitisch droht die Europäische Union nicht weiter zu kommen. Ab diesem Donnerstag tagt der EU-Ministerrat und debattiert dann einen Richtlinienvorschlag, der vorsah, dass Väter ein Recht auf zehn Tage Vaterschaftsurlaub rund um die Geburt eines Kindes bekommen. Zudem sollte die bezahlte Elternzeit, die ausschließlich von Vätern genommen werden kann, auf vier Monate ausgedehnt werden.

Doch insbesondere über letzteres wird heftig gestritten. Die gleichstellungs- und familienpolitisch weniger ambitionierten Staaten wollten die Zahl der nicht übertragbaren Monate auf nur noch einen senken, die fortschrittlicheren weiter ausdehnen. Im Vorbereitungspapier für den Rat ist nun von zwei Monaten die Rede, in den berühmten eckigen Klammern, die bedeuten: Noch keine Einigung.

Leider macht sich die Bundesregierung nicht einmal für diese Variante wirklich stark. Die Position der Regierung befindet sich offiziell noch in der Ressortabstimmung. Inoffiziell heißt es, das Wirtschaftsministerium lehne weitere Rechte für berufstätige Väter ab – so wie auch die Arbeitgeberverbände den Status quo für ausreichend halten. Auch die zehn Tage Vaterschaftsurlaub finden keine ausreichende Unterstützung. Öffentlich äußern möchte sich das Ministerium zu dieser Frage im Moment nicht.

Väter brauchen gesetzliche Unterstützung

Die EU-Kommission hält dem entgegen, dass eine bessere Balance von Beruf und Familie für Mütter und Väter der Dequalifikation von Müttern entgegenwirkt. Wer länger aus dem Beruf aussteigt, kommt schwerer wieder hinein, zeigen Studien. Durch die mangelhafte Vereinbarkeit von Beruf und Familie verliere die EU jährlich 370 Milliarden Euro, argumentiert die Kommission.

Ärgerlich finden den drohenden Stillstand insbesondere die Familienverbände. Deren Dachverband, die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF), fordert die Bundesregierung in einem offenen Brief „eindringlich“ auf, die europäische Initiative zu unterstützen. Und Dag Schölper vom Bundesforum Männer weist darauf hin, dass viele Männer ihre Vätermonate gerne ausweiten würden.

„Die Väter brauchen eine gesetzliche Unterstützung“, meint Schölper, „denn nicht jeder kann als Speerspitze der Emanzipation bei seinem Chef mehr Elternzeit erkämpfen“. Man habe gesehen, dass erst die reservierten Vätermonate, die verfallen, wenn sie nicht in Anspruch genommen werden, eine nachhaltige Verhaltensänderung bewirkt habe.

„Nicht jeder kann als Speerspitze der Emanzipation mehr Elternzeit erkämpfen“

In einer Studie des Familienministeriums geben tatsächlich 82 Prozent der befragten Väter an, sie hätten die Elternzeit anders aufgeteilt, wenn vier exklusive Vätermonate zur Verfügung gestanden hätten. Auch im zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung wird die Ausweitung der Vätermonate empfohlen.

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