Rechtsextreme Fußballfan-Gruppierungen: Kein Einzelfall

„Kaotic Chemnitz“ gelang es am Sonntag, 800 Menschen zu mobilisieren. Die Gruppierung hat Verbindungen zur Neonaziszene. Allein ist sie nicht.

Fans des FC Chemnitz halten Transparente und Schals in die Höhe

Drittligist FC Chemnitz und seine Fans: Dem ultrarechten Fanclub „Kaotic Chemnitz“ hat er bereits 2012 Stadionverbot erteilt Foto: imago/foto2press

BERLIN taz | Rund 100 Menschen folgten in Chemnitz am Sonntag um 15 Uhr einem Aufruf der AfD zu einer Kundgebung. Grund war der Tod eines 35-jährigen Deutschen nach einem Streit zwischen Menschen mehrerer Nationalitäten. Wesentlich effektiver in den sozialen Netzwerken wirkte dagegen der Mobilisierungsaufruf der rechten Ultra-Fußballvereinigung „Kaotic Chemnitz“. Zum verabredeten Zeitpunkt, um 15.30 Uhr, versammelten sich 800 Menschen in der Innenstadt. Viele von ihnen begannen ganz plötzlich, ausländisch aussehende Menschen zu attackieren.

„Unsere Stadt – Unsere Regeln. Wir fordern Alle Chemnitz Fans und Sympathisanten auf, sich mit uns heute den 26.08.2018 um 16.30 vorm Nischel zu treffen! Lasst uns zusammen zeigen, wer in der Stadt das Sagen hat!“ Das war die Aufforderung, welche die beim Chemnitzer FC seit 2012 mit Stadionverbot belegte Gruppierung auf Facebook gepostet hatte. Der Eintrag wurde später gelöscht.

Mit einem „Verboten“ sind in Chemnitz schon einige rechtsextreme Fangruppierungen belegt worden: die in den 90-er Jahren von Thomas Haller gegründete Gruppe „Hoonara“ („Hooligans Nazis Rassisten“) etwa. Oder die NS-Boys, die trotz ihres Namens vom Verein immerhin von 2004 bis 2006 im Stadion geduldet wurden. Nach ihrer Verbannung wechselten einige Mitglieder zu „Kaotic Chemnitz“.

Die Verbote, als Gruppe mit ihren Insignien im Stadion aufzutreten, schönt nur das öffentliche Erscheinungsbild. Mitglieder all dieser Gruppierungen werden bis heute immer wieder bei Spielen des Chemnitzer FC gesehen. Ihre Netzwerke reichen weit. Eine enge Freundschaft verbindet sie beispielsweise mit dem rechtsextremen Fanlager in Cottbus.

Auch an den Connewitz-Randalen waren Fans beteiligt

Der Facebook-Eintrag der „Kaotic Chemnitz“ erreichte am Sonntag über 3.000 Abonnenten. In den vergangenen Jahren hat die Mobilisierungsmacht rechtsextremer Fanvereinigungen sichtbar zugenommen. Das Netzwerk „HoGeSa“ (Hooligans gegen Salafisten), das sich 2014 formierte und sich überwiegend aus der bundesweiten Hooliganszene in Deutschland rekrutierte, lieferte sich im Oktober 2014 bei einer Demonstration in Köln, an der zwischen 3.000 und 5.000 Menschen teilnahmen, eine Straßenschlacht mit der Polizei. Die Sicherheitskräfte waren damals völlig überrascht von dem hohen Organisationgrad gewaltbereiter Hooligans.

Auch beim Neonazi-Überfall auf den linksalternativen Leipziger Stadtteil Connewitz vom 11. Januar 2016, bei dem ein Sachschaden von 112.000 Euro entstand, stellte das sächsische Innenministerium unter den Festgesetzten viele Angehörige der Fanszenen der Fußballvereine Lok Leipzig und Dynamo Dresden fest. Sie unterhielten Netzwerke mit der Neonazi-Szene – darunter die „Faust des Ostens“, die Freie Kameradschaft Dresden (FKD) und die NPD.

Auch bei „Kaotic Chemnitz“ gibt es Verbindungen zur Neonaziszene. Auf Fotos der Gruppe in sozialen Netzwerken ist beispielsweise des Öfteren Christoph Drewer zu sehen, der Vize-Chef der neonazistischen Kleinpartei „Die Rechte“ ist. Als beim Gastspiel des Chemnitzer FC in Babelsberg im November 2016 antisemitische Parolen gegrölt wurden und es zu Ausschreitungen kam, war Christoph Drewer auch mit von der Partie.

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