Rechtsextremer Waffenhandel: Abrechnung für „Migrantenschreck“

Mario R. verkaufte mit dem „Migrantenschreck“-Handel Waffen, um „Asylforderer niederzustrecken“. Nun begann der Prozess gegen ihn.

Eine Schreckschusswaffe liegt auf einem Tisch

Nachweis eines Waffenscheins? Nicht beim einstigen Onlineversand „Migrantenschreck“ Foto: dpa

BERLIN taz | Mario R. verzieht keine Miene, als die Staatsanwältin seine Waffenverkäufe vom Sommer 2016 auflistet, 193 an der Zahl. Der „Migrantenschreck“, der „Antifaschreck“ oder die „DP 120 Bautzen Edition“. Gewehre und Revolver für Hartgummigeschosse, mit besonderer Durchschlagskraft, allesamt in Deutschland verboten. „60 Joule Mündungsenergie strecken jeden Asylforderer nieder“, hieß es dazu etwa. Verschickt hatte Mario R. die Waffen aus Ungarn an Handwerker, Ärzte und auch einen Richter im Ruhestand.

Am Donnerstag nun steht der 35-jährige Thüringer, ein gelernter Bankkaufmann, dafür vor dem Landgericht Berlin, angeklagt wegen unerlaubten Waffenhandels. Die Staatsanwältin beschreibt, wie die Hartgummigeschosse, wären sie abgeschossen worden, zentimetertief in die Haut eingedrungen wären. Schreckschusswaffen in Deutschland dürfen eine Mündungsenergie von 7,5 Joule nicht überschreiten. Mario R. verkaufte bis zu 60 Joule. Dass dies damit beworben wurde, auf Menschen zu schießen, sei zusätzlich strafverschärfend, betont die Staatsanwältin. Mario R. schweigt dazu. Er will sich erst später im Prozess äußern.

Mitten in der Flüchtlingsdebatte 2016 war Mario Rs. „Migrantenschreck“-Onlineversand aufgetaucht. Für 250 bis 700 Euro bot er seine Waffen an – explizit, um sich damit gegen Zuwanderer „zu verteidigen“. Ein Waffenbesitzschein wurde nicht abgefragt. Man komme „ohne lästigen Papierkram“ aus, hieß es auf der Webseite. 110.000 Euro soll Mario R. mit den Verkäufen von Mai bis November 2016 gemacht haben.

Umtriebig in der rechten Szene

Wer hinter dem Handel steckte, blieb lange unbekannt. Auch, von wo aus er operierte. Dann verhafteten Polizisten im März Mario R. in Budapest. Sie hatten eine schillernde Figur gefasst. Schon 2014 war R. bei den montäglichen Friedensmahnwachen aufgetaucht, die später nach rechts abdrifteten. Auch bei der AfD wurde er zwischenzeitlich Mitglied. 2016 dann verschwand er, wurde im gleichen Jahr wegen Volksverhetzung zur Fahndung ausgeschrieben.

Denn Mario R. soll auch Betreiber der deutschen Webseite „Ano­nymous.Kollektiv“ gewesen sein. Dort wurden Verschwörungstheorien und Hetze gegen Geflüchtete und Politiker veröffentlicht. Die Webseite war fester Teil eines Verbunds weit rechter Onlinemedien. Beworben wurde dort etwa das Compact-Magazin von Jürgen Elsässer oder der rechte Kopp-Verlag. Von beiden soll auch Geld zurück an Mario R. geflossen sein, zehntausende Euro insgesamt.

Gegen R. wird wegen der „Anonymous“-Veröffentlichungen auch wegen Volksverhetzung und Beleidigung ermittelt. Das ist Teil eines anderen Verfahrens. Für den Waffenhandel drohen R. aber bereits bis zu fünf Jahre Haft. „In Ungarn sind diese Waffen alle völlig legal“, weist sein Anwalt die Vorwürfe zurück. Für die Staatsanwaltschaft ist aber entscheidend, dass R. die Waffen nach Deutschland verschickte. „Und da wusste der Angeklagte, dass hier die Waffen verboten sind.“

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