Neue Debatte um Israel-Boykott: Bremens Nahost-Konflikt

Nach dem Aufruf des Friedensforums gegen den Kauf israelischer Früchte, wenden sich Bremer Parteien und Verbände nun gegen solche Aktionen

Kein Frieden in Sicht: Boykottaktion und Gegenprotest am 11. März in der Wachmannstraße. Bild: Jean-Philipp Baeck

Selbst im fernen Jerusalem schrieb kürzlich eine Zeitung über eine Aktion des Bremer Friedensforums vor einem Schwachhauser Supermarkt. Das Forum hatte dort zum Boykott israelischer Waren aufgerufen. In Israel kam die Aktion nicht gut an - dass die Organisatoren sie bald wiederholen wollen, hat ihnen jetzt auch Kritik der Parteien eingetragen.

"Keine Boykottaufrufe gegen Israel in unserer Stadt", heißt die am Montag veröffentlichte Erklärung von SPD, CDU, Grünen und FDP. Sie haben mit der Jüdischen Gemeinde, der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) und den Bremer Freunden Israels ein Papier verfasst, um "vorbereitet zu sein, künftig gegen solche Aktionen aufzutreten", sagt der DIG-Vorsitzende Hermann Kuhn. Solche Boykottaufrufe machten "einseitig Israel verantwortlich für die Konflikte im Nahen Osten", sie seien "der Versuch der Verunglimpfung des jüdische Staates" und "nehmen die Nähe zur Nazi-Parole ,Kauf nicht bei Juden' in Kauf", heißt es in der Erklärung.

Nicolas Scheidtweiler, Pressesprecher der FDP, hatte die Friedensforums-Aktion in der Wachmannstraße beobachtet: "Ich bin wütend geworden, dass Deutsche so etwas machen."

Auch die jüdische Gemeinde war nicht angetan. Ihre Vorsitzende Elvira Noa nennt die Parolen des Boykotts "zweideutig" und "sehr verletztend". Sie seien ein "Angriff auf die Demokratie und ein Nährboden für Antisemitismus".

Das Friedensforum weist dies zurück. Arn Strohmeyer hat einen offenen Brief an Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) geschrieben. Darin nennt er die Erklärung "verfehlt und politisch kontraproduktiv, was einen Fortgang des Friedensprozesses anbelangt". Die Boykott-Aufrufer hätten lediglich die Anwendung europäischen Rechts eingefordert. Er verweist auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2010, demzufolge keine Produkte aus den von Israel besetzten Gebieten mit der Etikettierung "Made in Israel" in die EU eingeführt werden dürfen, weil diese Gebiete völkerrechtswidrig besetzt seien.

Als einzige der großen Parteien hat sich die Linke der Erklärung nicht angeschlossen. Von Boykottaufrufen gegen Israel will sich die Partei nicht generell distanzieren. In einer Stellungnahme räumen ihre Landessprecher Christof Spehr und Cornelia Barth ein, dass Boykott-Aufrufe "vor allem jüdische MitbürgerInnen persönlich verletzen und provozieren" könnten. Es bestehe die Gefahr, "die deutsche Schuld für den Holocaust zu relativieren". Daher rufe die Partei nicht zu einem solchen Boykott auf.

Grundsätzlich jedoch sei der Aufruf des Boykotts gegen Staaten aber ein legitimes zivilgesellschaftliches Mittel. Die "Position, dass Israel nie und unter keinen Umständen von wirtschaftlichem Druck betroffen sein darf", sei unhaltbar.

Für Hermann Kuhn, Vorsitzenden der Deutsch-Israelischen Gesellschaft spielt die Linke ein "doppeltes Spiel": "Sie sagen, sie hätten nicht dazu aufgerufen, veröffentlichen aber Material und eine Rechtfertigung dafür auf ihrer Website."

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