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Homosexueller Verleger Gmünder"Schwul und links geht nicht"

Deutschlands wichtigster schwuler Verleger, Bruno Gmünder, hat sein Unternehmen verkauft. Linke hält er für "verzehrend, brutal und gehässig". Sex hatte er früher zur Begrüßung.

Bruno Gmünder hält es für unmöglich, schwul und links zu sein. "Die Linken missbrauchen dich immer, als Köder, als Verräter", sagt der wichtigste schwule Verleger Deutschlands im sonntaz-Gespräch. "In wesentlichen Punkten haben sie die Schwulen im Stich gelassen", sagt Gmünder, der den Tunix-Kongress 1978 - auf dem auch die taz gegründet wurde - als Befreiungsschlag wertet. Auf dem Kongress wurde der Grundstein für viele schwule Projekte gelegt, zum Beispiel die "Prinz Eisenherz Buchhandlung", die Gmünder mit aufbaute.

Die schwule Community sei sehr menschlich, "nicht so wie bei den Linken, verzehrend, brutal und gehässig." Auf die Gegenwart bezogen sagt er, dass Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit niemals Kanzler wird: "Die SPD ist nicht bereit für einen schwulen Kanzler", stellt Gmünder im sonntaz-Gespräch fest. Genau genommen sei ganz Deutschland dafür nicht bereit.

Gmünder, der sich seit mehr als 30 Jahren in der Schwulenbewegung engagiert, ärgert sich darüber, "dass sich viele Schwule, die in Chefetagen angekommen sind, nicht outen." Erschüttert zeigt er sich ob der zahlreichen ans Licht gekommenen Missbrauchsfälle der Siebziger und Achtziger Jahre: Die Schwulenverbände hätten zu diesem Problem auffallend laut geschwiegen.

Gmünder übt auch Selbstkritik, weil es in der "Prinz Eisenherz Buchhandlung" eine Abteilung mit Knabenliebe gegeben habe: "Wir haben damit kokettiert." Er frage sich, warum er da nie nachgefragt habe: "Stattdessen haben wir über die Weltrevolution diskutiert."

Auf die Frage, wie das schwule Leben vor 1982 war, also vor AIDS, sagt Gmünder: "Wir hatten Sex zur Begrüßung, zum Abschied und dazwischen auch."

Im sonntaz-Gespräch erzählt Gmünder außerdem von der Akzeptanz des Anderssein, von schwulen Gartenzwergen und der Selbstfindung durch Pornos.

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