Wen bindet die Buchpreisbindung?

Wer privat Bücher im Internet verkauft, muss sich nicht an die Buchpreisbindung halten. Doch sind 40 Bücher im Monat noch privater Verkauf? Ein Buchhändler klagt gegen einen Anbieter bei eBay. Börsenverein: Missbrauch von eBay geht zurück

VON CHRISTIAN RATH

„Die Buchpreisbindung wird bei eBay massenhaft unterlaufen“, glaubt der Darmstädter Buchhändler Dirk Bentlin. Derzeit prozessiert er vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/M. gegen einen Berliner eBay-Verkäufer, der regelmäßig Bücher zum Startpreis von einem Euro zur Versteigerung stellt.

Bentlin verkauft Bildbände, Kunstbücher und Comics. Neben seinem Geschäft in Darmstadt hat er auch einen eigenen Internetauftritt. Dennoch gehen seine Umsätze immer mehr zurück, was Bentlin auf unlautere Konkurrenz im Internet zurückführt. „Bei eBay findet man jede Menge neuer Bücher, nur viel billiger als im Laden. Kein Wunder, dass mir die Kunden wegrennen.“

Grundsätzlich gilt die Preisbindung, die den Fortbestand eines vielfältigen Buchhandels sichern soll, auch im Internet. Wer mit einer eigenen Homepage oder bei eBay geschäftsmäßig Bücher verkauft, muss sich an die Preisvorgaben der Verlage halten. Auch Bentlin selbst verkauft bei eBay preisgebundene Bücher. Seit einigen Jahren können bei eBay auch Waren zum Festpreis angeboten werden. Weltweit macht der Festpreis-Markt bereits mehr als ein Viertel der eBay-Umsätze aus.

Allerdings gilt die Preisbindung nicht für Privatpersonen. Wer zum Geburtstag ein Buch geschenkt bekommt, kann es bei eBay zu einem günstigen Erstgebot versteigern, auch ungelesen und in der Ladenverpackung. Neu ist das nicht. Der „Endkunde“ konnte mit einem Buch schon immer machen, was er wollte.

Auch der Berliner, an dem Bentlin nun ein Exempel statuieren will, betont, er handele nicht geschäftsmäßig. Vielmehr sei er Journalist und bekomme regelmäßig Rezensionsexemplare, die er aber oft nicht brauchen könne und deshalb bei eBay verwerte. Im Schnitt 6 Euro erhalte er pro Buch. Die Verlage sehen so etwas zwar überhaupt nicht gern, aber ein Verstoß gegen die Buchpreisbindung ist das nicht.

Im konkreten Fall geht es deshalb vor allem um die Menge der versteigerten Bücher. Bentlin hat recherchiert, dass der Mann in einem Monat rund vierzig Bücher bei eBay angeboten hat, und hält das für „eindeutig geschäftsmäßig“. In der ersten Instanz folgte ihm das Landgericht Frankfurt und erließ eine einstweilige Verfügung. Doch der Beklagte ging in die Berufung. Am 15. Juni wird das Urteil erwartet.

Eigentlich muss sich Bentlin nicht selbst um solche Fälle kümmern. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, aus dem der streitbare Bentlin allerdings ausgetreten ist, hat hierfür eine spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei bestellt. Wenn der Börsenverein ein Angebot beanstandet, bekommt er von eBay die Adresse des jeweiligen Anbieters und geht dann juristisch vor. Die Internet-Firma ist damit völlig einverstanden. „eBay ist kein rechtsfreier Raum“, betont eine Sprecherin des Unternehmens, „das gilt selbstverständlich auch für die Buchpreisbindung.“

Beim Börsenverein glaubt man, dass der Missbrauch von eBay langsam zurückgehe. „Es ist dort ja alles sehr transparent“, erklärt eine Verbandsjuristin, „wer zehn Exemplare vom gleichen Buch unter Marktpreis verkauft, kann schlecht behaupten, die habe er alle geschenkt bekommen.“