Hanf-Debatte in Berlin: Darfs auch etwas weniger sein?

Staatsanwaltschaft, Polizei und Drogenbeauftragte wollen weniger Cannabis zum Eigenbedarf tolerieren. Hanfverband und Drogenhilfe halten dagegen.

Diese Dame ist sicher keine Anhängerin der Gras-Limitierung. Bild: reuters

Die Stühle in dem riesigen Saal blieben weitgehend leer – dabei stand, um mit dem Vorsitzenden des Deutschen Hanfverbandes zu sprechen, einiges auf dem Spiel: Berlins Ruf als liberalstes Bundesland in der Drogenpolitik. Eingeladen zu der Anhörung im Kammergericht hatten Innensenator Frank Henkel und Justizsenator Thomas Heilmann (beide CDU). Sie wollen die Grenze für den straffreien Besitz von Cannabis zum Eigenbedarf von 15 auf 6 Gramm senken.

Georg Wurth vom Hanfverband gehörte zu sieben geladenen Experten. Seine Organisation tritt für die Legalisierung von Cannabis ein. Anfangs bedankte sich Wurth noch höflich für die Einladung – da wusste er noch nicht, dass sich Generalstaatsanwalt Ralf Rother, Vertreter der Kripo, ein Richter und die Landesdrogenbeauftragte Christine Köhler-Azara einmütig für eine Senkung des Grenzwerts auf 6 Gramm aussprechen würden. Aus Gründen der Rechtssicherheit mit den anderen Bundesländern, wie es hieß. Auch von einem Signal für die Prävention war die Rede.

Bundesweit 6 Gramm

Bundesweit sind 6 Gramm Eigenbedarf üblich, mit Ausnahme von Berlin, NRW und Rheinland-Pfalz. Letztere haben gerade auf 10 Gramm erhöht. Die Anhörung begründete Heilmann mit einer Forderung des Bundesverfassungsgerichts von 1994, die Eigenbedarfsgrenze zu vereinheitlichen.

Die Zahl der Jugendlichen, die Cannabis probieren, gehe stetig zurück, waren sich die Experten einig. 15 Gramm suggerierten Kinder und Jugendlichen aber, dass Cannabis harmlos sei, fand Köhler-Azara. Eine Senkung auf 6 Gramm sei nicht zu rechtfertigen, meinte dagegen Andreas Ganter vom Therapieladen, einer Einrichtung der Drogenhilfe. Man solle sich lieber auf eine bessere Vernetzung der Hilfssysteme konzentrieren. Wurth sagte, 80 Prozent der Konsumenten seien Erwachsene – die würden keinen Joint mehr oder weniger rauchen, egal wie hoch der Grenzwert sei.

„Das Konsumentenverhalten wird sich nicht ändern“, pflichtete Kriminaldirektor Harald Chybiak bei. Generalstaatsanwalt Rother erhofft sich von einem niedrigeren Grenzwert, Händlerstrukturen besser bekämpfen zu können. Je geringer die erlaubte Grammzahl, umso öfter müssten die Dealer zu ihrem „Bunker“ laufen, um Nachschub zu holen. Das erleichtere die Observation.

Nichts sei entschieden, alle Argumente würden abgewogen, sagte Heilmann: Bis man Klarheit habe, wie der Cannabiskonsum in Berlin künftig geregelt werde, „wird es eine ganze Weile dauern“. Er habe sowohl starke Gründe für wie gegen eine Herabsenkung gehört. Die Frage sei aber, wie viele Jugendliche man mit einem geringeren Grenzwert vom Cannabis-Konsum abhalten könne.

Der Vorsitzende des Hanfverbandes, Wurth, zeigte sich vom einheitlichen Tenor des Hearings überrascht. „Ich habe nicht geglaubt, dass Polizei und Staatsanwalt nach Verschärfung rufen werden.“ SPD, Piraten und Linkspartei plädieren derweil für die Beibehaltung der Berliner Linie. Die CDU soll sich lieber bundesweit für eine Vereinheitlichung auf Berliner Niveau einsetzen, hieß es bei ihnen.

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