Flüchtlinge: Europas Grenze häufig tödlich

Der neue Verein "borderline-europe" will das Elend der Flüchtlinge an Europas Außengrenzen öffentlich machen.

"Drama an den EU-Grenzen": Flüchtlinge auf Teneriffa Bild: dpa

BERLIN taz Am Mittwoch ist UNO-Weltflüchtlingstag. Der Verein "borderline-europe - Menschenrechte ohne Grenzen" nimmt dies zum Anlass, sich erstmals öffentlich zu präsentieren. Er will zukünftig auf das Drama der Flüchtlinge an den Außengrenzen der EU aufmerksam machen und aufklären. Vor allem die Fluchtwege über das Mittelmeer und den Atlantik werden für Tausende von Flüchtlingen aus Afrika und Asien zur tödlichen Falle.

"Offizielle Fakten zum Ausmaß des Dramas sind rar", sagt Elias Bierdel von borderline-europe. Meeresanrainerstaaten gäben ab und zu Zahlen heraus. So seien letztes Jahr, laut spanischer Regierung, allein vor den Küsten der Kanarischen Inseln 6.000 Flüchtlinge ertrunken. Die Regierung von Malta wiederum beklagte sich auf einem Treffen der EU-Innenminister vor einer Woche, mit dem Flüchtlingsproblem allein gelassen zu werden. Der Inselstaat habe in den letzten fünf Jahren 7.000 Menschen, die mit dem Ziel Europa unterwegs waren, aufgenommen. Gemessen an der Bevölkerung, sei das so, als ließe Deutschland 1,5 Millionen Flüchtlinge ins Land. Malta will, dass die Gestrandeten auf andere EU-Länder verteilt werden. Der deutsche Innenminister Schäuble lehnt dies ab.

Hilfsorganisationen schätzen, dass die Chance, die Flucht über die Meere lebend zu überstehen, bei 50 Prozent liegt. "Das Drama an den EU-Grenzen ist Europas Schande", sagt Bierdel. Das tausendfache Sterben nicht hinzunehmen, sei "ein Akt des Widerstandes".

Bierdel selbst kam 2004 in die Schlagzeilen, als das Hilfsschiff "Cap Anamur" 37 afrikanische Flüchtlinge, die in Seenot geraten waren, auf Sizilien an Land gebracht hatte. Die italienische Regierung klagt ihn, als Vorstand der Hilfsorganisation, sowie den Kapitän Stefan Schmidt und den ersten Offizier des Schiffes wegen "Schlepperei" an. "Ab drei ist man eine Bande", sagt Bierdel. "Es geht nicht, dass wir für unsere Pflicht, Menschen aus Seenot zu retten, kriminalisiert werden." Der Prozess läuft noch.

Das internationale Seerecht verpflichtet jeden, der ein Boot fährt, Menschen in Seenot zu retten. Nur an den europäischen Außengrenzen werde dieses Recht ausgehebelt, sagt Stefan Schmidt, der ebenfalls zu borderline-europe gehört. Tatsächlich gibt es immer wieder Berichte, dass Boote, die gestrandete Flüchtlinge aufnehmen, nicht an Land gelassen werden. Selbst wenn sie einen Hafen anlaufen dürfen, kommen die Flüchtlinge meist in Lager, um so bald als möglich wieder abgeschoben zu werden. Immer wieder berichten Flüchtlinge auch, von vorbeifahrenden Schiffen ignoriert worden zu sein.

Dass ausgerechnet die EU-Gesetzgebung dazu führt, dass Gebiete an ihren Außengrenzen zu rechtsfreien Räumen werden, wo Menschenrechte und das Seerecht ausgehebelt sind, sei selbst für einige EU-Parlamentarier nicht hinnehmbar, sagen Vertreter von borderline-europe. Es gebe daher auch ein offizielles Interesse an Aufklärung. "Wir nennen den Verein nicht ohne Absicht borderline." Es gehe nicht nur um Grenzziehungen, sondern auch um verschobene Wahrnehmung der Wirklichkeit.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.