Syrische Soldaten fliehen in die Türkei: Assad bedauert Kampfjetabschuss

Das syrische Regime hielt die türkische Maschine angeblich für eine israelische. Nun – deutlich später – bedauert Präsident Assad den Abschuss. Weitere Regierungssoldaten setzen sich ab.

Klebt an der Macht: Syriens Präsident Baschar al-Assad. Bild: dpa

ANKARA/KAIRO afp/dapd | Syriens Staatschef Baschar al-Assad hat den Abschuss eines türkischen Kampfjets durch die syrische Armee vor knapp zwei Wochen bedauert. Die Maschine sei in einem „Luftkorridor“ unterwegs gewesen, „der in der Vergangenheit drei Mal von der israelischen Luftwaffe genutzt“ worden sei, sagte Assad in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der türkischen Zeitung Cumhüriyet. Er bedauere diesen Vorfall „zu 100 Prozent“.

Assad wies die Anschuldigung der Türkei zurück, die syrische Luftabwehr habe den türkischen Kampfjet absichtlich abgeschossen. „Ein Land im Krieg handelt immer auf diese Weise“, sagte er. Die Maschine sei sehr tief geflogen, und die syrische Armee habe den Jet für eine israelische Maschine gehalten. Der verantwortliche Soldat habe kein Radar zur Verfügung gehabt und habe daher nicht gewusst, aus welchem Land der Kampfjet stamme. Den Familien der beiden Piloten, die noch immer nicht gefunden wurden, sprach Assad sein Mitgefühl aus.

Der Jet war am 22. Juni abgeschossen worden. Die Nato hatte den Vorfall scharf verurteilt, Ankara hatte den Ton deutlich verschärft. Syrien wirft der Türkei vor, mit dem Kampfjet in seinen Luftraum eingedrungen zu sein. Der türkischen Regierung zufolge wurde die Maschine von der syrischen Flugabwehr jedoch ohne Vorwarnung und in internationalem Luftraum abgeschossen. Dazu sagte Assad in dem Interview: „Wenn dieses Flugzeug in internationalem Luftraum abgeschossen worden wäre, hätten wir uns sofort entschuldigt.“

Währenddessen hat der Generalsekretär der Arabischen Liga die zersplitterte syrische Opposition in einem eindringlichen Appellzur Einigkeit ermahnt. „Die Opfer des syrischen Volks sind größer als wir und wertvoller“ als jegliche Meinungsverschiedenheiten zwischen den einzelnen Gruppierungen, sagte Nabil Elarabi am Montag vor fast 250 syrischen Oppositionellen in Kairo. Uneinigkeit herrscht zwischen den verschiedenen Gruppen vor allem in der Frage, ob ein Dialog mit der Regierung von Präsident Baschar Assad eingeläutet werden soll.

Einigkeit als Notwendigkeit

Die Opposition dürfe die Gelegenheit, ihre Differenzen zu überbrücken, unter keinen Umständen verstreichen lassen, forderte Elarabi. In einer Rede zum Auftakt der Konferenz stellte sich auch der Stellvertreter des UN-Sondergesandten Kofi Annan hinter den Appell Elarabis. Einigkeit sei „keine Option, sondern eine Notwendigkeit, wenn die Opposition die Unterstützung der Bevölkerung und auf internationaler Ebene mehren will“, sagte Nasser al Kidwa.

Es war das erste Mal, dass die Arabische Liga zu einem Treffen der syrischen Opposition eingeladen hatte. Allerdings war die Freie Syrische Armee (FSA) - der wichtigste Zusammenschluss von Rebellengruppen in dem Land - bei den Gesprächen nicht vertreten. Das Treffen sei rein politisch und die Rebellen seien daher nicht eingeladen worden, erklärte Fias Amru, der einer mit der FSA verbundenen Rebellengruppe angehört.

Einem Medienbericht zufolge flohen derweil rund 300 Syrer in die Türkei, darunter 85 Soldaten der Armee. Es sei eine der größten Gruppen syrischer Deserteure gewesen, die seit dem Beginn der Proteste gegen Präsident Assad in der Türkei Zuflucht gesucht hätten, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Montag. Unter den Überläufern befanden sich demnach ein General und mehrere Offiziere. Mittlerweile halten sich mehr als 35.000 syrische Flüchtlinge in der Türkei auf.

In New York rief UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay den UN-Sicherheitsrat dazu auf, die vorerst eingestellte Beobachtermission in Syrien zu stärken. Der blutige Konflikt in dem Land solle zudem vor den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag gebracht werden, forderte Pillay am Montag in New York. Einen solchen Vorstoß dürfte Russland allerdings blockieren. Die anhaltende Lieferung von Waffen an die Regierung und Opposition in Syrien drohe den Konflikt dramatisch zu verschärfen. „Das muss um jeden Preis verhindert werden“, sagte Pillay.

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