Neonazi-Demo in Dortmund verboten: Verbot nach Sprengstoff-Fund

Kein Neonazi-Antikriegsmarsch in Dortmund. Ein Neonazi aus Aachen wurde festgenommen – Verdacht auf "Vorbereitung eines Explosionsverbrechens".

Neonazis in schwarz, fotografiert am 14. August in Bad Nenndorf. Bild: dpa

Um 11.00 erreichte die Veranstalter des Neonazimarsches zum "6. Nationalen Antikriegstag" die Verbotsverfügung. Am Samstag dürfen die "Autonomen Nationalisten" um Neonazi-Kader Dennis Giemsch nicht in Dortmund aufmarschieren.

Der Grund: Am ersten Mai in Berlin – die Nazis mussten am Ende umkehren – hatte ein Neonazi aus Aachen Sprengsätze mitgebracht. Und er soll weitere Sprengsätze gebaut haben. Die Dortmunder Polizei bestätigte bei einer Pressekonferenz den Zusammenhang zwischen Verbot und den Sprengsätzen: "Die Verbotsbegründung kann knapp so zusammen gefasst werden", so ein Pressesprecher der Dortmunder Polizei zur taz. Polizeipräsident Hans Schulze betonte auf einer Pressekonferenz: "Wir suchen intensiv nach dem Sprengmaterial".

Im Zuge dieser Suche hatte die Polizei am vergangenen Mittwoch die Wohnung des 19-Jährigen Neonazis in Aachen durchsucht. Zudem suchten die Beamten zwei weitere Objekte in Nordrhein-Westfalen auf. Den Kader der "Kameradschaft Aachener Land" nahm die Polizei gleich fest, fand Material. Die Staatsanwaltschaft Berlin wirft ihm die "Vorbereitung eines Explosionsverbrechens" vor.

Erster Mai in Berlin: Der Neonazi soll damals selbstgebaute Sprengsätze zu dem geplanten Neonazimarsch mitgebracht haben. Bei einer Vorkontrolle der Polizei warf der Beschuldigte mehrere Gegenstände weg und lief davon. Die Polizei stellte vor Ort größere Mengen Reizgas und neun Sprengsätze sicher. Eine Zündung dieser selbstgebauten Sprengsätze, so heißt es aus Sicherheitskreisen, hätte viele Menschen verletzen können.

Seit Monaten hat die Szene um Neonazi-Kader Giemsch den vermeintlichen Antikriegsmarsch vorbereitet. In den vergangen Tagen verteilte die Gruppe in der Dortmunder Innenstadt und vor Schulen Flugblätter. In ihrem Aufruf legte die Neonazi-Gruppe dar, gegen welchen Krieg sie sind: gegen jenen "Krieg gegen alle Völker", das dem "Menschenbild der westlichen Werte" folgen würde: demjenigen Weltbild, dass alle Menschen die gleichen Rechte hätten. Nazis lehnen gleiche Rechte für alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, ab. Die Dortmunder Alt-Nazi-Größe "SS-Siggi", Siegfried Borchardt, hatte beim "Antikriegsmarsch" 2005 die Losung "Nie wieder Krieg" gleich eindeutig mit der Aussage "Nach unserem Sieg!" ergänzt.

In den vergangenen Wochen hat die Szene verschiedene Übergriffe verübt – und der verdächtige Bombenbauer war mit dabei, wie die Polizei sagt. Den linken Szenetreff "Hirsch-Q" hatten rund am frühen Morgen des 26. August rund 20 Kameraden – mit Sturmhauben maskiert – angegriffen. Auf die etwa 50 Gäste warfen sie Flaschen und Steine. Bei der Flucht nahm die Polizei den 19-Jährigen Beschuldigten aus Aachen und vier weitere Neonazis fest.

Auf der Pressekonferenz zum Dortmunder "Antikriegsmarsch" betonte die Polizei, sie gehe davon aus, dass der Beschuldigte zu dem Marsch gehen wollte. Er habe zu Dennis Giemsch, dem Anmelder, enge Kontakte. Ob der Beschuldigte an dem "Antikriegsmarsch" teilnehme oder nicht, sei längst unbedeutend, heißt es. Sprengsätze, so die Polizei könnten gebaut und längst verteilt sein. "Die Demonstration wäre ein nicht kalkulierbares Risiko. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Menschen zu Tode kommen", sagte Schulze. Und der Polizeipräsident hob hervor: "Wir haben hier eine neue Qualität von gefährlichem Sprengmaterial – deutlich gefährlicher als die Sprengsätze bei der Demo in Dortmund 2008, weil sie mit Glassplittern und Schwarzpulver versetzt sind".

Ein Rechtsrockkonzert für den Freitag am Hauptbahnhof allerdings ist aber nicht verboten. Der Event sollte eigentlich vor dem Marsch gute Stimmung machen. Jetzt gibt es nur noch Musik für die sprengstoffbelasteten Neonazis.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.