Paraguayischer Bauer über Widerstand und Gift: „Die Gentechnik zerstört uns“

Er ist Protagonist des Protestfilms „Raising Resistance“, Bauer zwischen Gentechnikfarmern und kein Freund von Waffen und gespritzten Pflanzen. Geronimo Arevalos im Interview.

Filmplakat. Bild: Pandora

taz: Herr Arevalos, Sie bewirtschaften Felder im Süden Paraguays. Warum sind Sie Landwirt geworden?

Geronimo Arevalos: In meiner Familie sind alle Bauern, schon seit Generationen. Mit der Zeit habe ich gesehen, wie wichtig die Landwirte sind. Sie produzieren Lebensmittel, daher könnten die Menschen ohne uns nicht überleben.

Was bauen Sie an?

Fast alles, was es gibt. Es ist wichtig, viele verschiedene Pflanzen anzubauen und abzuwechseln, dann braucht man gar kein Gift, keine Pflanzenschutzmittel – im Gegensatz zu den Feldern um meine Gemeinde herum, auf denen ausschließlich gentechnisch verändertes Soja wächst.

Sie arbeiten also ohne Chemie?

Ja, bei mir ist alles natürlich.

Aber wenn auf den umliegenden Feldern gespritzt wird, dann bekommen Sie doch auch etwas ab.

Das ist richtig. Und es bleibt nicht ohne Folgen. Es gibt zum Beispiel bei uns im Ort einen kleinen Jungen, der sein Augenlicht verloren hat. Er hatte in einem Fluss gebadet, in den Reste des Spritzmittels gelangt waren. Und ich merke es auch bei mir selbst: Meine Augen brennen, ich habe Kopfschmerzen. Andere in meiner Gemeinde klagen über die gleichen Symptome. Viele Kinder werden mit Missbildungen geboren. Für eine Familie gibt es heute keine Garantie mehr, dass ihre Kinder gesund auf die Welt kommen.

Haben Sie versucht, etwas dagegen zu unternehmen?

Wir haben versucht, auf gesetzgeberischer Ebene dagegen vorzugehen. Mit einer Änderung des Umweltschutzgesetzes, die es verbietet, das Land zu kontaminieren. Die Gesetze müssen geändert werden, der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen muss verboten werden. Und der Staat muss durchsetzen, dass die großen Konzerne die Gesetze einhalten. Wir haben auch Anzeigen erstattet gegen die Verantwortlichen.

Folgten daraus Prozesse?

Nein, gar nichts. Die staatlichen Behörden in Paraguay sind ganz einfach zu manipulieren, wenn man das Geld dafür hat.

Haben Sie nie darüber nachgedacht, auch in den Anbau von gentechnisch verändertem Soja einzusteigen?

Nein.

Warum nicht?

Weil ich nicht abhängig sein will vom Gift. Das Pflanzenschutzmittel ist schädlich, nicht nur für Pflanzen, sondern auch für Menschen. Die Gentechnik zerstört uns. Uns, unsere Lebensmittel und unsere Umwelt.

Der Film „Raising Resistance“ zeigt, wie Sie gemeinsam mit anderen Farmern das Land eines Sojaproduzenten besetzen. Hat sich danach etwas geändert?

Im Wesentlichen haben sich zwei Sachen geändert: Unsere Jugendlichen wurden durch den Prozess politisiert. Sie haben sich Widerstandsgruppen angeschlossen, und die Zahl derer, die gegen die Gentechnik und das Spritzen von Gift sind, steigt. Auf der anderen Seite hat auch die Regierung aufgerüstet: Sie hat ein Gesetz verabschiedet, nach dem alle diese Menschen Terroristen sind. Das betrifft letztlich auch mich selbst.

Es hat sich also eher zum Schlechten verändert.

Nicht unbedingt. Das Gesetz ist nur Papier. Wir leben.

Der Film zeigt auch, dass der Konflikt teilweise sehr hart ausgetragen wird – Menschen sind mit Waffen unterwegs.

Ja, das finde ich falsch. Wer eine Waffe trägt, erlaubt, dass auch Waffengewalt an ihn herangetragen wird. Ich habe keine Waffen, und ich bin auch nicht dafür, diesen Konflikt so auszutragen. Die Waffe muss der Zusammenhalt der Menschen sein.

Herr Arevalos, wenn Sie ein Jahr lang nicht für Ihren Lebensunterhalt arbeiten müssten, was würden Sie tun?

Genau das Gleiche. Ich bin Landwirt, meine Familie, meine Kinder sind Landwirte, und es gibt nichts, was ich sonst tun könnte.

Werden Ihre Kinder das weiterführen?

Ja. Ich hoffe, dass sie praktizierende Landwirte werden oder in die Politik gehen. Einer meiner Söhne, Bruno, will Agraringenieur werden. Und Nelson belegt gerade einen Universitätskurs für Umweltwissenschaften. Einer wird also produzieren, und ein anderer wird sich einmischen.

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