Abgeordnete beschäftigen Partner: Piraten streiten über Vetternwirtschaft

In Reinickendorf musste der Fraktionschef abdanken. Im Abgeordnetenhaus wird geduldet, dass ein Abgeordneter seine Partnerin beschäftigt.

Hier zückt er noch selbst die rote Karte: Oliver Höfinghoff. Bild: reuters

Der Vorwurf der Vetternwirtschaft bei Reinickendorfs Piraten rückt auch die Kollegen in der Abgeordnetenhausfraktion in den Fokus. Dort beschäftigt der Abgeordnete Oliver Höfinghoff seine Lebensgefährtin als Mitarbeiterin. Der parlamentarische Geschäftsführer Martin Delius plädiert für eine klare Trennung.

Die Piratenfraktion in der Reinickendorfer Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hatte bekannt gegeben, Fraktionschef Michael Schulz wegen „unpiratischen Verhaltens“ des Amtes enthoben zu haben. Der 34-Jährige habe eine Assistentin eingestellt, die sich „als Bekannte erwiesen“ habe und „gemäß interner Absprachen nicht hätte eingestellt werden dürfen“. p { margin-bottom: 0.21cm; }Auch Nötigung und die Nichtweitergabe von Informationen aus dem Ältestenrat der BVV wird Schulz vorgeworfen.

Martin Delius wertet das positiv: Die BVV-Fraktion habe Handlungsfähigkeit bewiesen, auch Funktionsträger müssten sich Kritik stellen. Dass sein Kollege Höfinghoff seine Lebenspartnerin beschäftigt, darüber, so Delius, sei er „nicht besonders glücklich“. Es gelte, einen Verdacht der Vorteilsnahme erst gar nicht zu erwecken. Die Einstellung sei aber Sache des Abgeordneten. „Die Fraktion kann da nicht mitbestimmen, nur empfehlen.“ Bisher sei ihm aber kein Interessenkonflikt im Fall Höfinghoff bekannt, so der Geschäftsführer.

Der Piraten-Landeschef steht in der Kritik: Der im Februar gewählte Vorsitzende Hartmut Semken hatte Neonazi-Gegner in der Partei kritisiert. "Es sind die ,Rausschmeißen' und ,wir müssen uns abgrenzen' immer-wieder-Herunterbeter, die das Naziproblem der Piraten darstellen", so Semken in seinem Blog. Es gebe in seiner Partei "Invers-Nazis: voll-gegen-Nazis-mit-Nazimethoden".

Klaus Peukert, Berliner Anwärter für den Bundesvorstand, nannte die Äußerungen "nicht hilfreich". Der Abgeordnete Oliver Höfinghoff twitterte gen Semken: "Hör auf damit." Jede seiner Äußerungen mache es nur schlimmer. Bei den Piraten konstatierte Höfinghoff ein "massives Problem, und zwar im Umgang mit rassistischen/sexistischen Äußerungen ihrer Mitglieder". Er plane ja eine Schulung für Piratenabgeordnete zu diesem Thema, so der 35-Jährige. "Nach den Ereignissen der letzten Tage muss ich hier wohl größer planen."

Im Bundesverband der Piraten wird derzeit heftig über den Ausschluss von weit rechten Mitgliedern diskutiert. (ko)

Laut Landesabgeordnetengesetz übernimmt der Landeshaushalt nicht die Kosten, wenn Abgeordnete ihre „Ehegatten, Ehegatten anderer Abgeordneter, eingetragene Lebenspartner, Verschwägerte und Verwandte ersten und zweiten Grades“ anstellen. Vor Monaten hatte bereits die Piratenabgeordnete Susanne Graf nach Kritik aus der Partei das Arbeitsverhältnis mit ihrem Partner aufgekündigt, den sie zuvor als Assistenten einstellen wollte. Die Fraktion einigte sich dahin darauf, „jeden Anschein zu vermeiden, dass die Vergabe von Stellen innerhalb der Fraktion aus Gründen der Versorgung statt einer effizienten, geeigneten und umsichtigen persönlichen Mitarbeit erfolgt“. Höfinghoff hatte sich verteidigt, er habe sich erst nach der Anstellung mit seiner heutigen Partnerin liiert.

Die anderen Parteien im Abgeordnetenhaus teilten auf Anfrage mit, keine Fraktionsmitglieder mit angestellten Partnern zu haben. Man gehe mit dem Thema „sehr sensibel“ um, so eine SPD-Sprecherin. CDU-Geschäftsführer Heiko Melzer sagte, seine Abgeordneten würden sich alle an „Recht und Gesetz halten“.

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