Anonymous-Gruppe Lulzsec enttarnt: Die Enthauptung der Kopflosen

Das FBI feiert mit der Festnahme der Lulzsec-Hacker auch die Zerstörung der Bewegung. Die hackt daraufhin demonstrativ die Homepage einer Computerfirma.

Anonymous kann auch Propaganda. Bild: dapd

BERLIN taz | Das FBI hat die Enttarnung der Lulzsec-Hacker mit deutlichen Ansagen gefeiert. „Das ist die Zerstörung der Organisation“, zitierte der konservative US-Sender Fox News einen namentlich nicht genannten, aber in den Vorgang involvierten FBI-Beamten am Dienstag. „Wir schlagen Lulzsec den Kopf ab.“

Das Ende der politisch motivierten Hacker muss das aber nicht bedeuten. „Lulzsec war eine Gruppe, aber Anonymous ist eine Bewegung“, hieß es auf einem der vielen Twitter-Kanäle von Anonymous, aus deren Ursuppe Lulzsec hervorgegangen war. Zudem wurde betont, dass Anonymous „keinen Anführer, keinen Kopf“ habe. Der Schlag bleibe somit folgenlos.

Zum Beweis hackten Anonymous-Aktivisten noch am Dienstagabend die Webseite der amerikanischen Computersicherheitsfirma Panda Security. Auf deren Startseite hinterließen sie die Nachricht, man habe gewusst, dass der Hacker „Sabu“ Anonymous ausspähen würde.

Panda Security traf es nicht zufällig. Mehrere US-Fachdienste melden, Luis Corrons, Chef der Panda-Forschungsabteilung, habe zuvor auf dem Blog der Firma die Festnahmen und die Enttarnung von „Sabu“ als „wirklich gute Neuigkeiten“ begrüßt. Anonymous werde künftig „nur ihre kindischen DDoS-Taktiken“ anwenden, so Corrons weiter, Hacks wie die der Lulzsec-Gruppe werde es wohl nicht mehr geben. Genau dies scheint Anonymous mit ihrem Angriff gegen Panda Security widerlegen zu wollen. Zeitweise war die Homepage der Firma am Mittwoch nicht mehr aufrufbar.

Schlacht um die Außendarstellung

All das kann man sicherlich als eine Schlacht um die Außendarstellung betrachten. Das FBI versucht zu demonstrieren, dass ein Schlag gegen die scheinbar unfassbare Hydra von Anonymous und ihre Nebenarme gelungen ist. Dass man sich nicht von Hackern auf der Nase herumtanzen lässt, die Regierungen wie Unternehmen angreifen – und dass man die Situation unter Kontrolle bekommt. Anonymous versucht zu kommunizieren, dass die Bewegung clever, vielschichtig und stark genug ist, sich von der Teilenttarnung nicht aus der Bahn werfen zu lassen.

DDoS-Angriffe: Am häufigsten ist Anonymous mit sogenannten Distributed-Denial-of-Service-Attacken aufgefallen. Diese sind technisch recht einfach durchzuführen: Webseiten werden durch eine Flut von Anfragen lahmgelegt. Viel Aufmerksamkeit bekamen die DDos-Angriffe auf die Kreditkartenunternehmen Mastercard und Visa, die sogenannte Operation Payback im Dezember 2010. Damit wollte Anonymous dagegen protestieren, dass diese Unternehmen Konten der Whistleblowing-Seite Wikileaks gesperrt hatte.

Defacement: Gerne hacken sich Anonymous- oder Lulzsec-Aktivisten so in Seiten ein, dass sie den Inhalt der jeweiligen Startseite ändern können. Dafür brauchen sie Zugriff auf die Server ihrer Opfer. Nachdem zum Beispiel der Fernsehsenders PBS kritisch über Wikileaks berichtet hatte, platzierte Lulzsec mithilfe gestohlener Passwörter die Falschmeldung, dass der verstorbene Rapper Tupac am Leben sei und in Neuseeland wohne, auf der Seite des Senders.

Datenklau: Häufige Aktionen von Lulzsec bestanden aus dem Diebstahl interner Daten. Um Zugriff auf die Server zu bekommen, wurden zuvor Schwachstellen in der Programmierung gesucht. Auch über Lulzsec hinaus setzt Anonymous solche Aktionen ein, beispielsweise als die Kundenliste des US-Thinktanks Stratfor im Herbst 2011 geklaut und veröffentlicht wurde.

Anonymous und Aktivisten aus ihrem Umfeld genießen dabei durchaus Sympathien, gerade in Netzkreisen. Die DDos-Attacken, mit denen etwa während des Arabischen Frühlings die Internetseiten nordafrikanischer Regime blockiert wurden, wertet beispielsweise der Vordenker der Freie-Software-Bewegung, Richard Stallman, als eine digitale Sitzblockade

Die oft radikaleren Aktionen von Lulzsec, die zum Beispiel Millionen erhackte Kundendaten von Sony im Netz veröffentlichten, fanden hingegen sehr viel weniger Fürsprecher. Sicher ist aber: All diese Aktionen, auch die DDoS-Attacke, stellen laut US-Recht Straftaten dar.

Dass gerade der nicht sonderlich internetaffine konservative US-Sender Fox News ausführlich über den Fall berichtet, dürfte wohl daran liegen, dass er mit Lulzsec noch eine Rechnung offen hat: Im Mai 2011 hatte die Hackergruppe Daten von über 70.000 Bewerbern der Fox-Sendung „X Factor“ ins Netz gestellt.

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