Ausgetrabt : Das Geld liegt auf der Rennbahn

Der Rennverein wollte sich zum Jahresende auflösen - nun kommen auf den persönlich haftbaren Vorstand Rückzahlungsansprüche von gut einer Million Euro zu.

Bloß 1,4 Millionen? Théodore Guericaults Galopprennen von 1821 ist weit mehr wert. Bild: Musée du Louvre

Am 8. November will der Bremer Rennverein über seine Zukunft entscheiden. Der letzte Renntag am 21. Oktober hat auch aufgrund des überraschend guten Wetters wieder Stimmen laut werden lassen, nach der die 150-jährige Pferderennen-Tradition doch nicht zu Ende gehen dürfe. Entscheidend wird sein, wie hoch das laufende Defizit ist. Rennvereins-Präsident George C. Muhle hatte die 150.000 Euro ins Gespräch gebracht, die der Verein für die städtische Grünpflege bezahlen muss und – vergeblich – einen Verzicht des Senats auf diese Summe gefordert.

Auf diese Zahlung darf der Senat rein zuwendungsrechtlich nicht verzichten. Denn mit besagter Zweckbindung hatte der Senat dem Rennverein 1,4 Millionen Euro überwiesen, als er ihn im Jahre 2000 in die unternehmerische Freiheit entließ. Die Wirtschaftsdeputation hatte gefordert, dass diese Zuwendung anteilig zurückzahlbar sein sollte für den Fall, dass der Rennbetrieb vor dem Jahre 2020 eingestellt wird. Diese Bedingung ist mit der Zweckbindung der Zuwendung dem Sinne nach umgesetzt, versichert Wirtschafts-Ressortsprecher Holger Bruns. Wenn der Rennverein die Einstellung des Rennbetriebes beschließt, muss er demnach die Verwendung dieses Geldes nachweisen.

Dass aber die 1,4 Millionen in nur drei Jahren für Grünpflege ausgegeben wurden, scheint undenkbar. Die Restsumme müsste dann zurückgezahlt werden. Ob der Präsident des Rennvereins, der Versicherungskaufmann Muhle, dies bedacht hat, als er öffentlich erklärte, er wolle den Verein ordentlich auflösen zum Jahresende?

Eine ordnungsgemäße Auflösung würde die Rückzahlungspflicht von rund einer Millionen Euro nach sich ziehen, auf die der Senat aus Gründen des Zuwendungsrechts auch nicht schlicht verzichten kann. Sollte der Rennverein das Geld anderweitig, also zweckwidrig ausgegeben haben, würden Geschäftsführer und Vorstand gegebenenfalls dafür haften. Auch im Falle einer Konkurs-Anmeldung müsste der Konkursverwalter diese Frage stellen, wenn der Senat Rückzahlungsansprüche anmeldet.

Hat der Rennverein diese Zweckbindung auch gesehen und das Geld dennoch ausgegeben? „Ich sage dazu nichts“, sagt der Geschäftsführer des Rennvereins, Klaus Martin. Und George Muhle, der Präsident, will auch nicht ins Detail gehen. Er ist irritiert durch die „Drohung“ mit der Rückzahlungsforderung aus den Reihen der Politik, seine Gespräche mit dem Staatsrat des Wirtschaftsressorts hat er anders verstanden.

„Durch diese Drohung ist der Rennverein geradezu gezwungen, solange es geht, weiterzumachen“, erklärte er. Bisher jedenfalls gebe es keinen Anlass, über die Zweckbindung der Zuwendung der 1,4 Millionen Euro zu reden, weil es keine Aufhebung des Pachtvertrags gibt.

Klaus Möhle, der als Bürgerschaftsabgeordneter und wirtschaftspolitischer Sprecher für die Grünen das Thema Rennbahn verfolgt hatte, hatte sich an die Zweckbindung erinnert und dieses Thema in der vergangenen Woche öffentlich gemacht. Nachdem das Wirtschaftsressort seine Erinnerung bestätigt hat, sagt er heute: „Wenn der Rennverein sich nicht an den Zuwendungsvertrag gehalten, sondern fast eine Million Euro zweckwidrig ausgegeben hat, dann ist das ein Skandal und muss Konsequenzen haben.“ Bremen müsse „auf einer genauen Abrechnung bestehen“ und gegebenenfalls „das Geld auf Heller und Pfennig zurückfordern“. Möhle, heute Sozialpolitiker für die SPD, weiß: „Wenn Sozialhilfeträger bei so etwas erwischt werden, kennt der Senat schon bei sehr viel kleineren Summen kein Pardon.“

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