Basisbeteiligung: BürgerInnen wissen es besser

Der Senat hat BerlinerInnen zu einer Lärmwerkstatt eingeladen. Sie sollen Vorschläge machen, wie die Stadt leiser werden kann. Nicht alle Ideen sind dabei neu

Auch in äußerst bunter Aufmachung sind Lastwagen erstmal eines: eine große Lärmquelle. Bild: DPA

Weniger Lärm könnte so einfach sein. „Die müssten langsamer fahren“, sagt etwa Manfred Rohrpasser über die Lastwagen auf der Straße vor seinem Haus. Rohrpasser ist einer von 30 BürgerInnen, die am Mittwochabend zur „Lärmwerkstatt“ der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gekommen sind. Es geht darum, wie Berlin leiser werden kann. Und darum, wie man die Verwaltungen transparenter machen und die BürgerInnen besser einbeziehen kann. Hintergrund ist der Lärmaktionsplan, den der Senat gerade aktualisiert. Dass dabei auch die BürgerInnen beteiligt werden müssen, das schreibt die EU vor.

Manfred Rohrpasser ist Pensionär, er wohnt in Karlshorst, einem Stadtteil von Lichtenberg im Osten der Stadt. Durch seine Straße donnern Lastwagen, Tag und Nacht. Neben dem Lärm stören ihn auch die Erschütterungen.

Neben Tempo 30 wünscht sich Rohrpasser die Tangentialverbindung Ost, „deren Bau müsste man forcieren“. Er hat auch eine Mappe mitgebracht mit Zeitungsartikeln. Die Tangentialverbindung Ost ist eine Straße, die durch die Wuhlheide und entlang einer Bahnstrecke führen soll. Der Bau würde, je nach Variante, 45 bis 100 Millionen Euro kosten. Der Lärm träfe dann nicht mehr die AnwohnerInnen in Karlshorst, sondern die in Biesdorf. Dort wären allerdings deutlich weniger AnwohnerInnen betroffen.

Und so trägt jedeR reihum sein Lärmproblem vor und wie man es lösen könnte. Schallschutzfenster, Radwege auf der Straße, Radarkontrollen, eine Umgehungsstraße für Malchow, Grüne Wellen, Nachtflugverbot, Lärmschutzwände, Maut für Autos in der Innenstadt. Eine besonders kreative Idee hat Jürgen Tietz aus Alt-Hohenschönhausen: „Alle, die sich über Fluglärm beschweren, kommen auf eine Liste, und wenn sie selbst fliegen wollen, dann nicht von hier.“ Das würde die Zahl der Flüge reduzieren und auch die Kapazitätsprobleme von BER lösen, meint Tietz.

Den schwierigsten Job an diesem Abend hat Maria Brückner von Zebralog. Die Agentur organisiert Bürgerbeteiligung für Kommunen, für den Senat oder für Bundesministerien, und heute ist sie für die Lärmwerkstatt zuständig. Brückners Aufgabe ist es, die AnwohnerInnen zu bremsen, wenn eineR zu Lasten einer anderen oder eines anderen zu viel Raum einnimmt. Sie achtet darauf, dass niemand vom Thema abschweift. Und sie fällt auch ihren AuftraggeberInnen ins Wort, wenn einE MitarbeiterIn der Senatsverwaltung oder des Bezirks ein Fachwort benutzt, das niemand kennt. Brückner macht das gleichzeitig einfühlsam und wirkungsvoll.

Die VerwaltungsmitarbeiterInnen hören einerseits aufmerksam zu – schließlich sollen sie hier lernen, wo der Bürgerin und dem Bürger der Schuh drückt. Dann kommt auch CDU-Bezirksstadtrat Wilfried Nünthel zu Wort. Er stellt sich heraus: Er kennt jede Problemecke und rattert herunter, was dort schon passiert, was noch kommen wird – oder was nicht geht. Weil es zu teuer ist, wegen der Zuständigkeiten oder weil es einfach keinen Sinn ergibt. Manche Dinge sind eben komplexer als gedacht, und Nünthel hat auch unerwünschte Folgen im Blick. Weniger Lärm ist eben doch nicht immer so einfach.

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