Berliner Musikschulen: Musikschullehrer fühlen sich zu frei

Die harsche Kritik an den neuen Honorarvorschriften ist nicht gerechtfertigt, sagt Bildungsstaatssekretär Rackles (SPD). Vielmehr würden Lehrkräfte damit besser gestellt.

Bald vielleicht nicht mehr für jeden erreichbar: Musikschulunterricht. Bild: DPA

Bei vielen Lehrkräften der bezirklichen Musikschulen sorgen die geplanten neuen Honorarverordnungen für Proteste. Bildungsstaatssekretär Mark Rackles (SPD) dagegen verteidigt den Änderungsentwurf aus seinem Haus.

Die neuen Honorarvorschriften seien keine Verschlechterung. Sie bedeuteten „in Teilen“ sogar eine Verbesserung für die Lehrkräfte, betonte Rackles. Etwa, indem deren Honorare steigen – bis August 2013 um insgesamt 7,3 Prozent von derzeit 19,44 Euro pro Unterrichtsstunde auf dann 20,86 Euro. Zudem müssten die Musikschulen künftig auch Leistungen entlohnen, die bisher unbezahlt blieben, wie etwa die Teilnahme an Sitzungen. Die neuen Honorarvorschriften ließen deshalb „keine Rechtfertigung“ für die Sorgen der Lehrkräfte erkennen, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der Senatsbildungsverwaltung zu dem Thema.

Nur knapp zehn Prozent der etwa 1.900 Berliner Lehrkräfte sind fest angestellt. Die neue Honorarverordnung war nötig geworden, nachdem die Rentenversicherung 2011 die Beschäftigungsmodalitäten der überwiegend freiberuflich tätigen MusikschullehrerInnen als Scheinselbständigkeit eingestuft und deshalb Beitragsforderungen angekündigt hatte. Hinweise auf ein angestelltenähnliches Arbeitsverhältnis hatte die Rentenversicherung unter anderem in der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gesehen. Ein „eigenes Unternehmerrisiko“, wie es „typisch für eine selbstständige Tätigkeit“ sei, sei damit für die MusikschullehrerInnen „nicht gegeben“, hieß es im März 2011 in einem Schreiben der Rentenversicherung an den Bezirk Marzahn-Hellersdorf. Dort hatte die ausschlaggebende Prüfung der Beschäftigungsverhältnisse stattgefunden.

Obwohl auch die neuen Honoravorschriften die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall vorsehen, ebenso wie die Ausfallhonorare im Fall kurzfristig abgesagter Stunden, sei man „mit der Rentenversicherung im Reinen“, so Staatssekretär Rackles: Sie trage die Neuregelungen mit. Genau das bezweifeln die MusikschullehrerInnen, die die Änderungen kritisieren. Die seien „arbeits- und sozialrechtlich äußerst fragwürdig“, meint etwa Helge Harding vom Vorstand des Landesverbandes deutscher Tonkünstler.

Der Verband lässt deshalb mit einer Gruppe von Lehrkräften die neuen Vorschriften juristisch prüfen. Die ließen Einzelne „unterm Strich“ möglicherweise sogar etwas mehr verdienen als bislang, so Harding, machten die Arbeit für die Musikschulen insgesamt dennoch unattraktiver, da sie den bürokratischen Aufwand für die Musiklehrer erhöhten. Sie sollen künftig beispielsweise jede erteilte Unterrichtsstunde einzeln mit der Musikschule abrechnen. Bislang waren auf der Grundlage der pro Musiklehrer geschlossenen Unterrichtsverträge monatliche Pauschalhonorare an die Lehrkräfte gezahlt worden.

Auch dieser Kritik widerspricht Staatssekretär Rackles. Die Abrechnung der Einzelstunden „hätte schon längst so erfolgen müssen“ und sei demnach keine bürokratische Neuerung. Verständnis hat der Staatssekretär aber für die Befürchtung der LehrerInnen, die neuen Honorarvorschriften würden zu Kürzungen des Angebots der Musikschulen führen.

Denn deren Etat – 2010 zahlte das Land 16,1 Millionen – wird nicht erhöht: Das führt bei höheren Stundenlöhnen automatisch zu einer Verkleinerung des Unterrichtsangebots. Nach Angaben des Landesmusikrates stehen bereits jetzt etwa 8.000 Personen auf Wartelisten der bezirklichen Musikschulen. Er wolle sich deshalb darum bemühen, „einige hunderttausend Euro mehr“ von der Senatsverwaltung für Finanzen für die Musikschulen zu bekommen, so Rackles.

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