Bürgerkrieg in Syrien: Die UNO irrt

Die Demonstranten rufen die Händler auf, sich dem Aufstand anzuschließen. Die UN erreicht den Schauplatz des Massakers. BBC twittert, es rieche nach verbranntem Fleisch.

Kaum ein Ort ist mehr sicher in Syrien. Hier trainieren bewaffnete Oppositionelle am Stadtrand von Idlib. Bild: dapd

BERLIN taz | „Revolutionäre und Händler, Hand in Hand bis zum Sieg“, lautete der Slogan vieler der über Syrien verteilten Freitagsdemonstrationen. Nun sei es an der Zeit, dass der Mittelstand sich endlich an dem Aufstand gegen das Regime beteilige, forderten die Protestierenden, die am Nachmittag aus den Moscheen strömten. Ihr Adressat waren die Kaufleute und Händler. Diese Gruppen stellen rund 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung und gelten bislang als regimetreu, da sie um den Verlust ihrer Privilegien fürchten

Ahmad Mansour, Jungunternehmer aus Damaskus, gehört zu jenen, die nichts von den Protesten halten. Schließlich glaubt er dem Präsidenten, den er, wie auch seine Eltern, immer wieder wählen würde: „Schaut doch, wie sich Syrien vor der verschworenen, US-dominierten UNO verteidigt, die mithilfe der feindlichen Medien ein schlechtes Bild auf den Präsidenten werfen will“, schrieb er der taz auf Anfrage. Wie die syrische Staatsführung glaubt Mansour an eine „terroristische Verschwörung aus dem Ausland“.

Der syrische Gesandte für die Vereinten Nationen, Dr. Baschar al-Dschaafari, sagte am Donnerstag vor dem UN-Sicherheitsrat: „Die syrische Regierung ist bereit, alles zu tun, um die UN-Beobachtermission zu einem Erfolg werden zu lassen.“ Er gab sich diskussions- und kritikfähig: „Mit der Opposition, die fremde Einmischung ablehnt, sind wir bereit, einen ernsthaften Dialog zu führen und Veränderungen durchzusetzen“, erklärte er. Das war ein Seitenhieb auf fast alle organisierten oppositionellen syrischen Gruppen, die seit der vergangenen Woche gemeinsam nach einer militärischen Lösung von außen rufen.

Der Syrer weist die UN zurecht

Dann wies Dschaafari die UN zurecht und unterstellte nicht näher genannten Ländern, Mitglied einer Verschwörung gegen Syrien zu sein. „Im Land finden schreckliche Massaker statt“, stellte er fest. Die falschen Informationen darüber seien aber „aufgrund falscher Diagnosen und durch die Beeinflussung von internationaler Politik und Medien“ ohne Zusammenhang veröffentlicht worden.

Die arabischen Fernsehsender al-Arabija und al-Dschasira beschuldigte er, falsche Bilder des Massakers gesendet zu haben, noch bevor es stattgefunden habe, durchgeführt von „bewaffneten Terroristen“, nicht aber von regierungstreuen Freischärlern, wie die Aktivisten behaupteten. Kurz zuvor hatte der Sondergesandte für Syrien, Kofi Annan, den UN-Friedensplan vor dem Sicherheitsrat für gescheitert erklärt. Seine Betroffenheit konnte er angesichts des neuen Massakers vom Mittwoch um Hama kaum unterdrücken.

Nachdem Aktivisten am Mittwoch von einem Massaker in der Region um die syrische Stadt Hama berichtet hatten, erreichten die UN-Beobachter am Freitag das Dorf al-Kubair. Paul Danahar, Büroleiter der BBC Middle East, twitterte seine Eindrücke: „Häuser sind abgebrannt, es riecht immer noch nach frisch verbranntem Fleisch, aber keine Leichen. Vor mir liegt ein Stück Gehirn, überall ist geronnenes Blut.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.