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CSDs und die MehrheitsgesellschaftQueere Menschen machen es vor

Essay von Jule Govrin

Die Menschen auf den CSDs demonstrieren nicht nur für Minderheiten. Ihr Protest ist Ausdruck eines Universalismus von unten.

Mutig gegen Rechts: Mittlerweile finden in unzähligen kleineren Städten Pride-Paraden statt, wie hier in Ebersalde, am 21.6.2025 Foto: Annette Riedl/dpa

E s ist kein Gefallen der Mehrheitsgesellschaft queeren Minderheiten gegenüber, wenn sie deren Paraden zum Christopher Street Day (CSD) im Zeichen der Toleranz durch die Städte ziehen lässt. Im Gegenteil, mit ihrem Protest tun die Queers der Gesamtgesellschaft einen gewaltigen Gefallen.

In der Bundesrepublik finden in diesem Sommer so viele CSDs wie nie statt. Nicht nur in Berlin, München, Hamburg und Köln gehen die Leute auf die Straße, auch in unzähligen kleineren Städten.

Zunehmend müssen sich diese Demos jedoch gewaltbereiten Nazigruppen entgegenstellen, die zu Überfällen mobilisieren – so wie im Juni im brandenburgischen Bad Freienwalde. Umso beachtlicher ist der mutige, bunte Antifaschismus der Prides.

Strategisch verzerrtes Neutralitätsverständnis

Während CSDs attackiert werden und die Alltagsgewalt gegen queere und trans Menschen rasant ansteigt, verbot CDU-Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, dass an diesem Wochenende, anders als in den Vorjahren, die Regenbogenfahne auf dem Reichstagsgebäude weht.

Queere Bewegungen machten sich mehr Gleichheit zum Ziel

Das Netzwerk der queeren Mitarbeitenden der Bundestagsverwaltung darf am Samstag nicht gemeinsam auf den CSD, Abgeordnete mussten die Regenbogenfahnen an ihren Bürofenstern abhängen. Zur Begründung bediente Klöckner sich eines strategisch verzerrten Neutralitätsverständnisses, wie es die AfD ins Feld führt. Erneut nimmt die Union damit eine Strategie der AfD auf. Wie schon im Februar, als die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine Kleine Anfrage gegen die Omas gegen Rechts und andere zivilgesellschaftliche Vereine richtete.

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Gegenüber den Menschenrechten darf die Politik nicht neutral sein, das bezeugt schon das Grundgesetz. Trotzdem bekräftigte CDU-Bundeskanzler Friedrich Merz die Fahnen-Entscheidung Klöckners mit dem Argument, der Bundestag sei kein „Zirkuszelt“. Seine Äußerung ist keine unbedachte Entgleisung. Sie kommt bei uns in den queeren Communitys als eine klare Ansage an, dass wir von dieser Regierung weder den notwendigen Schutz noch Solidarität erwarten können.

In den Medien werden diese Manöver als Verweigerung des Minderheitenschutzes gewertet. Doch so wahr das ist, geht es vielmehr um Demokratieschutz: Die CDU unter Merz stellt sich offen gegen diejenigen, die für eine demokratische Gesellschaft eintreten. Denn die Protestierenden verteidigen Grundrechte, die das Leben jeder und jedes Einzelnen bedingen, etwa Freiheit und Selbstbestimmung. Sich möglichst frei entfalten zu können, ist ein Bedürfnis, das alle Menschen teilen, bei allen Unterschieden. Queere Menschen aber mussten hart um selbstbestimmte Freiheit kämpfen.

Emanzipationsbewegungen schieben die Demokratie an

Die Emanzipationsbewegungen von Schwulen, Lesben und trans Menschen haben in der Geschichte des 20. Jahrhunderts Liberalisierungs- und Demokratisierungsschübe gebracht, die das Leben aller freier gemacht haben. Das zeigen Historikerinnen wie Dagmar Herzog und Andrea Rottmann mit ihrer Forschung.

Dass Heterosexuelle Beziehungen nach ihrem Belieben gestalten können, verdanken sie in großen Teilen den Queers, die ihr Überleben, ihre Lebens- und Liebesweisen verteidigen mussten. Das gilt für das frühe 20. Jahrhundert, bevor der Nationalsozialismus die mühsam errungenen Freiräume mit Verfolgung überzog. Noch mehr gilt dies für die Zeit nach dem ­Stonewall-Aufstand im New York des Jahres 1969.

Genauso traten Feministinnen gemeinsam mit der Lesben- und Schwulenbewegung für Gleichheit und Gleichberechtigung ein. So manch eine, die damals dabei war, geht heute als Oma gegen Rechts wieder auf die Straße.

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Die Geschichte der Lesben- und Schwulenbewegung führt vor Augen, dass gleiche Rechte nicht von oben gewährt werden. Sie werden von unten erstritten. Gleichheit, die keine abstrakte Gesetzesformel ist, bildet sich im praktisch Gesellschaftlichen: als Gleichheit, die in Vielheit gründet; als egalitäre Praxis, die darin liegt, in aller Verschiedenheit als Gleiche angesehen und behandelt zu werden.

Universalismus von unten

In den CSD-Paraden blitzt ein Universalismus von unten auf, der daran erinnert, was uns trotz aller Verschiedenheit eint: dass wir als soziale Wesen der Sorge und Solidarität bedürfen, dass wir in selbst gewählten Beziehungen leben und uns entfalten wollen.

Seit einiger Zeit wird in liberalen Feuilletons und bisweilen sogar in linken Zeitungen der Universalismus hochgehalten und in einen unüberwindbaren Gegensatz zur „woken“ Identitätspolitik gerückt. Häufig wird den verschiedenen Identitätspolitiken dabei pauschalisierend unterstellt, sich auf besondere Interessen und bloße Befindlichkeiten von Minderheiten zu kaprizieren, etwa der Queers. Es werde Cancel-Culture betrieben, statt das große Ganze in den Blick zu nehmen.

Oft geht dies mit einem Plädoyer einher, man müsse zu traditionellen Themen des Klassenkampfs zurückkehren und den Gedanken des Allgemeinen wiederbeleben. In dieser starren, irreführenden Gegenüberstellung erscheint die Idee des Universellen unvereinbar mit Identitätspolitiken.

Gleichheit braucht Vielfalt

Es ist wichtig und richtig, in Zeiten, in denen autoritäre Akteure die Menschenrechte abräumen wollen, am Gedanken des Universalismus festzuhalten. Doch wir können Universalismus nicht ohne Differenz denken, denn gelebte Gleichheit braucht demokratische Vielfalt. Queere Bewegungen haben sich stets für mehr Gleichheit eingesetzt. Deshalb sind sie egalitär und universalistisch. Sie kämpfen für die eigenen Rechte ebenso wie für die Gleichheit, Freiheit und Selbstbestimmung aller.

Wenn Linke Universalismus als Gegenprogramm zu Wokeness bestimmen, um so gegen autoritäre Kräfte anzutreten, dann werden CSDs als ­identitätspolitischer Nebenschauplatz abgetan.

Das verkennt vollends die Manöver von AfD, Orbán, Trump und anderen Antidemokraten. Sie machen sexuelle und geschlechtliche Selbstbestimmung zum Kampfplatz, um von dort aus die demokratische Gesellschaft als Ganzes anzugreifen.

Sie streben nicht bloß danach, die Selbstbestimmung einiger weniger auszuhebeln, sie wollen das Prinzip an sich abschaffen – für Frauen, Jüd*innen, armutsbetroffene Menschen, Menschen mit Behinderung, Menschen mit Migrationsgeschichte, kurzum für die Mehrheit. Um diesen Großangriff auf freies Lebens zu verschleiern, ja, perfider noch, um ihn als Mehrheitsmeinung gegen angeblich übermächtige Minderheiten zu framen, setzen sie auf Sündenbockrhetorik, auf eine Art negative Intersektionalität.

Transfeindlichkeit dient als Schleusenöffner

Davon zeugt die Verschwörungsideologie des „großen Austauschs“, die antisemitische Erzählmuster von herbeifabulierten Eliten mit antimuslimischem Rassismus und antifeministischen Ressentiments verflicht. Ebenjene Elite, so der wirre, aber wirkmächtige Spin, trachte danach, weiße christliche Familien durch migrantische zu ersetzen, in Komplizenschaft mit Queers und Feministinnen.

Weil Rechtsextreme auf das gesamtgesellschaftliche Unwissen über die Lebenswirklichkeit von trans Menschen setzen können, dient Transfeindlichkeit als Schleusenöffner, um alte Muster der sexuellen Moralpanik in eine neue Fassung zu bringen. Etwa, wenn sie angesichts von queeren Lebens- und Liebesweisen Kindeswohlgefährdung unterstellen.

In ­Neuruppin zum Beispiel wollten rechte Gruppen so CSD-Veranstaltungen verbieten ­lassen. Diese In­stru­men­ta­li­sie­rung des Kinderschutzes ist bis ins bürgerliche Spektrum hinein anschlussfähig. Unterdessen kürzen viele Kommunen queerpolitischen Demokratieprojekten die Gelder.

AfD und extrem rechte Akteure trachten danach, queere Menschen als das Andere der Gesellschaft und der Demokratie darzustellen, wenn sie von „woker Diktatur“ raunen, wenn Nachwuchsnazis wie einst ihre Väter in den Baseballschlägerjahren geifernd und gewaltbereit „Weiß, normal, hetero!“ brüllen. Doch Queers sind nicht das Andere der Demokratie. Wir sind gelebte Demokratie.

„Kanarienvögel der Demokratie“

Der Linke-Politiker Klaus Lederer hat kürzlich auf einem Stadtfest in Berlin-Neukölln von queeren Menschen als „Kanarienvögeln der Demokratie“ gesprochen. Damit spielte er auf die Bergarbeiter früherer Jahrzehnte an, die die kleinen Vögel mit in die Grube nahmen. Wurde der Sauerstoff knapp, hörten die Vögel auf zu zwitschern: ein Warnsignal, das das Überleben aller sicherte. Im Testflug für die Demokratie flattern wir voran. So klein und fragil Kanarienvögel wirken, so leuchtend bunt, lautstark, so schwirrend flink sind sie. Wie umherschwärmende Kanarienvögel lassen die Prides die Straßen bunter werden. Sie sind mehr als ein Warnzeichen. Sie sind antifaschistischer Widerstand.

Der Rechten dient Antifeminismus als gemeinsamer Nenner mit evangelikalen Netzwerken, Libertären und völkischen Nationalisten. Was wäre nun, wenn die De­mo­kra­t:in­nen den Queerfeminismus als antifaschistisches Bindeelement begriffen? Wenn wir Selbstbestimmung, egalitäre Sorge und das gute Leben für alle als geteilte Grundlage antifaschistischer Kämpfe erachteten? Als Grundlage, die über die bloße Verteidigung des Bestehenden hinausweisen würde.

Wir sehen schon neue, kraftvolle Formen solch eines Antifaschismus. Die Omas gegen Rechts machen es vor, genauso wie die queeren Initiativen in Bad Freienwalde, Falkensee, Wittenberg und andernorts. Sie spielen keine kampfbereiten Heldenfiguren nach vorne, sondern bauen auf antifaschistischer Sorge auf.

Das zeigt sich in großen und kleinen Aufgaben von der Demoanmeldung über die Breitstellung von Wasser, Müsliriegeln, Sonnenmilch und Regenbogenschirmen bis hin zum Schutz, den Antifagruppen vor Ort bieten. Solche antifaschistischen Schutznetze gibt es vielerorts seit der Gewalt der Baseballschlägerjahre der 1990er. Nun werden sie gestärkt und weitergesponnen.

Es sind nicht alle auf Verbotslinie

Und auch in der Politik sind nicht alle auf Verbotslinie. Die Regenbogenfahne weht vielerorts wie vor dem bayerischen Landtag. Der Grüne Omid Nouripour und die Sozialdemokratin Josephine Ortleb gehören dem Bundestagspräsidium an und eröffnen den Berliner CSD. Götz Herrmann, Bürgermeister von Eberswalde, ging beim dortigen CSD auf die Bühne und dankte den Protestierenden dafür, dass sie die Stadt in ihrer Vielfalt bewahren.

Vor lauter Ohnmachtsgefühl mag der Rückzug ins Private verlocken. Doch Faschismus macht nicht an der Haustür halt. Zwar bedroht er die einen mehr als die anderen, doch er will nicht weniger, als das demokratische Leben umzuwälzen. Er nährt sich von Angst und Vereinzelung. Dagegen hilft, das Miteinander zu stärken. Queere Menschen machen seit Langem vor, wie dies gelingen kann.

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18 Kommentare

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  • Hier wird so viel durcheinander geworfen und unterstellt. Ich habe überhaupt nichts gegen Homosexuelle. Jeder wie er mag. Hat schon einmal irgendwer hier in Erwägung gezogen, dass außer Deutschland- und EU-Flagge einfach jedes andere Symbol an diesem Gebäude unangemessen ist? Natürlich ist das „Zirkuszelt“ provokant. Aber die Aussage hat einen wahren Kern. Das Reichstagsgebäude ist DAS Symbol unserer parlamentarischen Demokratie und eben kein „Zirkuszelt“, wo ich jeden Tag eine andere Fahne dranhänge. Jeder kann sein, was er will, jede kann lieben, wen sie will, jeder kann für und gegen alles protestieren. Fein. Aber deswegen hat nicht jeder einen Anspruch auf seine eigene Symbolik am Deutschen Bundestag. Also wo ist das Problem?

  • Sicher gut gemeint, aber solche Demos sind leider auch ein Zeichen für verzerrte Wahrnehmungen.



    Zitat aus dem Artikel: „Die CDU unter Merz stellt sich offen gegen diejenigen, die für eine demokratische Gesellschaft eintreten.“



    Ist das so? Die CDU unter Merz vertritt die Ansicht, dass das Grundgesetz gilt und dass einzelne Gruppen – egal ob LGBT, Schwerbehinderte, Arbeiter, Migranten … – im GG bereits inkludiert sind und keine einzelnen Fahnen brauchen.



    Das kann man natürlich anders sehen. Klar.



    Vor einigen Tagen hat sich Merz übrigens stark gemacht für „Offenheit, Liberalität, Toleranz“. In Reaktion auf Veranstaltungen, bei denen die Gleichberechtigung von Frauen und Männern missachtet worden sein soll – scheinbar von Vertretern von Ländern, in denen auf Homosexualität immer noch die Todesstrafe droht. Offenbar war er der Ansicht, dass ein solches Bekenntnis wichtiger ist, als Fähnchen unter Freunden auf Demos in D unter Polizeischutz zu schwenken.



    Wo ist die Unterstützung für Merz, wenn er sich für Offenheit, Liberalität und Toleranz stark macht? Sehen die Demonstranten ihre Demokratie vor lauter Fahnen nicht mehr?

  • Nur weil ich ein Problem mit dem habe, was heute unter klassenblinder Wokeness verstanden wird und den Klassenkampf als Priorität sehe, bedeutet das im Umkehrschluss nicht, das ich gegen queere Menschen bin. Hier wird ein falscher Zusammenhang hergestellt.

    Schon gar nicht bin ich als bisexueller Mann gegen den CSD. Beim Christopher Street Day ging es nämlich mal um die Rechte von Schwulen und Lesben.

    Heute werden Schwule Männer aus dem Flinta* Kontext verbannt und ausgeklammert. Da geht schonmal mein Problem los.

    Je feindseeliger die Gesellschaft wieder wird, desto mehr muss noch einer draufgesetzt werden- so kommt mir das heute in linken Kreisen vor. Falsche Strategie, so nimmt man niemanden mit

    • @R. Mc'Novgorod:

      Leider sehen viele das Problem mit Flinta* nicht. Was passiert, wenn ich eine Personengruppe aufgrund ihrer Person aus einer Gleichheitsbewegung ausschließe? Gleichheit wird jedenfalls nicht das Resultat sein, und die jungen Leute, die mit dieser Rhetorik aufwachsen und dort nicht gewollt sind, werden umso radikaler. Manche meinen, Flinta* sei für alle offen, aber Veranstaltungen mit dem Titel werden längst als reine Frauenveranstaltungen beworben und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass man dort als queerer Mann auch nicht willkommen ist.

  • Wenn mit „Universalismus von unten“ gemeint ist, dass die einen immer mehr wollen und die anderen mindestens genauso viel, dann stimmt das wohl. Das gleiche liberale Recht auf Hedonismus geht aber immer einher mit dem liberalen Recht des Stärkeren, also einem universellen Sozialdarwinismus. Da müssen marginalisierte Minderheiten und all die anderen VerliererInnen und Abgehängten noch lange und umsonst warten, bis sich was ändert. Die „queeren Menschen“ machen uns da nichts anderes vor, als all die anderen Menschen, die ihr Recht auf unendlichen Spaß, ob am Ballermann oder im Fußballstadion, fordern. CSD und das ganze drumherum ist mittlerweile vor allem eins: eine große Karnevalsparty. Und wie beim Karneval werden die eingeübten Floskeln über Bürgerbewegung von Unten, Widerstand, Recht auf Abschalten usw. routiniert und mit großer Ernsthaftigkeit abgespult.

    • @DemokratischeZelleEins:

      Na, da ham Sie ja mal das ganze Tischfeuerwerk an Populismen und Vorurteilen abgebrannt. Schon mal in Brandenburg aufm CSD gewesen? Oder mal Hand in Hand mit einer Vertrauensperson Ihrer Wahl abends über den Alex gelaufen? Oder einfach mal mit nem queeren Jugendlichen vom Dorf gesprochen, wie es war, als er merkte, er ist anders -- anders als alle anderen um ihn rum, seine Familie, seine Freunde, die Leute in seiner Schule? Kein Vater oder großer Bruder, der ihn mit 14 zur Seite nahm und ihm ("the talk") erklärte, was auf ihn zukommt? Ob nun Politdemo oder queere Party auf der Straße -- beides demonstriert ihm, dass queeres Leben gelingt, lustvoll und erfüllt ist. Und dass da viele sind, die mit ihm zusammen gehen.



      Ich finde in diesem Lichte, daheim hinter seinem digitalen Endgerät zu hocken und Leuten auf der Straße, die man nicht kennt, Hedonismus vorzuwerfen, ist doch reichlich verbogen.

      • @mats:

        DemokratischeZelleEins verkennt einfach die enorme Komplexität der Thematik, die mit dem CSD verbunden ist, zzm einem Menschenrechte einzufordern und zudem z B. die enorme Energie und wieviel Engagement es die AIDS Hilfen mit ihren vielen Mitarbeitern, seit den 80er Jahen gekostet hat, tausende von Mitmenschen beim Sterbeprozess zu begleiten, und wieviel Aufklärungsarbeit präventiv geleistet wurde und immer noch nötig ist. Nur ein Aspekt von vielen, vielen anderen Themen, die die queere Bewegungen zu bewerkstelligen haben. Von Gleichstellung und Akzeptanz braucht man garnicht erst anzufangen.

      • @mats:

        Na, da ham Sie ja mal ein ganzes Tischfeuerwerk an Populismusvorwürfen und eigenen Vorurteilen abgebrannt. Auf meine Argumentation gehen Sie erst gar nicht ein und köcheln lieber Ihr eigenes Süppchen. Und da Sie mich ja zu kennen glauben, wissen sie sicher, dass ich schon vor über 40 Jahren mit queeren Menschen gelebt habe und mich mindestens genauso lange nicht für vermeintlich gleiche Rechte, sondern für eine solidarische und egalitäre Weltgesellschaft arbeite und einsetze.

        Und nur für den Fall, dass sie den Unterschied nicht verstehen: Die liberale Rechtsauffassung fordert die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, aber nicht die Egalisierung von Ungleichheiten in der Gesellschaft. Mann kann also von Rechts wegen armes Schwein, machtlos, obdachlos usw. sein; queer oder nicht-queer macht da keinen Unterschied.

        • @DemokratischeZelleEins:

          Okay, heißt also, Sie haben seit mehr als 40 Jahren keinen CSD mehr erlebt, wissen aber alles darüber. So erklärt sich natürlich, warum Sie pauschale Unterstellungen für Argumente halten.

    • @DemokratischeZelleEins:

      🏳️‍🌈 Leider ihrerseits eine völlige, Fehlinterpretation des CSD 🏳️‍🌈 und eine Verkennung der emensen geleisteten Arbeit, der vielfältigen 🏳️‍🌈queeren Bewegungen 🏳️‍🌈 im Kampf um ihre Rechte, die eigentlich 🏳️‍🌈selbstverständlich sein sollten. 🏳️‍🌈 Der Kampf ist noch lange nicht zu Ende gekämpft.🏳️‍🌈

      • @Alex_der_Wunderer:

        * immensen

      • @Alex_der_Wunderer:

        Da haben Sie sich aber eine „emense“ Mühe gegeben, kein Gegenargument für zu haben, als Ihre Gefühl. Dafür lassen sie wohl auch die viele kleinen Emoji-Fähnchen sprechen? Und dann bestätigen Sie mich auch noch: Queere Bewegungen kämpfen um ihre Rechte und sonst gar nichts.

        • @DemokratischeZelleEins:

          Witzig " emense " kommt aus dem lateinischen - lag an der Smartphone Korrektur. 🏳️‍🌈



          Ansonsten sag ich mal, feiern Sie ruhig ihren Karneval. Helau Alaf🥳

  • „ Um diesen Großangriff auf freies Lebens zu verschleiern, ja, perfider noch, um ihn als Mehrheitsmeinung gegen angeblich übermächtige Minderheiten zu framen, setzen sie auf Sündenbockrhetorik, auf eine Art negative Intersektionalität.“



    Den Satz bitte nochmal in einfacher Sprache, danke.



    Ich stimme dem Gedanken zu, dass sich Rechtsextremisten zuerst die Minderheit angreifen, die vermutlich am wenigsten Solidarität genießt. Danach wird in einer Art Salamitaktik eine Minderheit nach der anderen in ihren Rechten eingeschränkt.



    Daher ist es eine feige Entscheidung, dass Frau Klöckner das Hissen der Regenbogenfahne untersagt hat, anstatt der AfD und den anderen rechtsextremistischen Feinden von Vielfalt und Toleranz mutig die Stirn zu bieten. Wer hat denn einen Nachteil durch das Hissen?

    • @Achsachbloß:

      Die Frage, die mir relevanter erscheint ist, welchen Nutzen hat das permanente Herumreiten auf die Entscheidung von Frau Klöckner oder auf die Aussage mit dem Zirkuszelt von Herrn Merz.



      Indem man insinuiert, die beiden Herrschaften wollten eigentlich am liebsten alle queeren Personen, naja, sagen wir mal, loswerden, schadet man seinem Anliegen erheblich.

  • Die LBTQ Bewegung ist doch angekommen, wird medial von allen die sich liberal und links einordnen, liebevoll gehegt und gepflegt.



    Der Tagesspiegel hängt das Thema so hoch wie früher der Bayernkurier einen Auftritt von F.J. Strauss, es wird politisch hineininterpretiert was das Zeug hält, Verfolgte, Gefahren und " Unterdrückung" der LBTQ angeprangert soweit das müde Leserauge reicht. Was läuft heute ab, eine karnevalistische und bunte anmutende Parade die eigentlich apolitisch ist.



    Das darf nicht sein.....es wird hineininterpretiert, politisiert was das Zeug hält. Pflichtaufgabe und Überbietungsaufwand der geneigten Presse....die taz will, wie gewohnt, ganz vorne mit mischen....aber sie bleibt nur zweiter Sieger....der Tagesspiegel eilt weit voraus.

    • @Fairness85:

      Immerhin wurde in dem Kommentar das Wort „Zirkus“ nicht verwendet, vielen Dank dafür.



      Ich denke, jeder kann die Realität nur nach seinem Erfahrungshorizont beurteilen. Wenn dieser durch den Bayernkurier eingegrenzt wird, dann ist das eben auch eine Welt für sich. Grüß‘ wen auch immer…

      • @Achsachbloß:

        Ich glaube, Sie haben völlig mißverstanden, was @Fairness85 mit dem Bayernkurier-Vergleich gemeint hat.

        Was den "individuellen Erfahrungshorizont" angeht, ich bin heute dem CSD-Umzug in Mainz begegnet. Es gab auch Transparente und Schilder mit politischen Aussagen und natürlich waren die Reden der Abschlusskundgebung auch politisch.

        Aber ansonsten ensprach das, was ich gesehen habe doch sehr dem Vergleich mit Fastnachtsumzügen, einschließlich der Fröhlichkeit der Teilnehmenden und des Publikums, und das sich nach Ende der Kunsgebung viele Teilnehmende in die Cafés und Weinstuben der Mainzer Altstadt zerstreuten.

        Den einzigen Mißtöne, die ich erlebt habe, war ein Mann, Typ "Jungbulle" mit Bürstenhaarschnitt und Testosteron-Überdruck, nicht bio-deutscher Herkunft, der laut in sein Smartphone plärrte, es sei furchtbar, die Stadt sei voller (Ich erspare den miesen Ausdruck). Offenbar fühlte sich das "Herrchen" durch den Anblick psychologisch ans Gemächt gegriffen.

        Und eine Gruppe im Umzug skandierte Intifada-Parolen, was ein Polizist, den ich darauf ansprach, nur mit: "Manche müssen ihr Thema eben überall anbringen" kommentierte.