Christian Panders Comeback bei Hannover: Vom Totalschaden erholt

Der einst von Verletzungen geplagte Christian Pander erfreut sich bei Hannover 96 bester Gesundheit. Ein Einsatz in der Europa League ist für ihn eher zweitrangig.

Drang zum Ball: Bei Hannover 96 spielt Christian Pander wieder regelmäßig. Bild: dapd

Seine demonstrative Gelassenheit dient auch als Schutz in eigener Sache. Christian Pander spricht, wenn er über den bezahlten Fußball und dessen Tücken plaudert, ganz nüchtern von einem Tagesgeschäft. Von täglichem Druck, dem man sich öffentlich stellen muss.

Am Mittwoch, als Hannover 96 sich mit einer letzten Übungseinheit auf das Europa-League-Heimspiel am Donnerstag (21.05 Uhr/Kabel 1) gegen den FC Kopenhagen vorbereitet hat, brach wieder die typische Hektik mit den handelsüblichen Fragen aus. Wer darf spielen? Wer muss auf die Ersatzbank? Das Stadion ist mit 44.500 Zuschauern ausverkauft.

Natürlich will Pander mitspielen. Aber ihm spuken angesichts der Personalplanungen von 96-Trainer Mirko Slomka auch ganz andere Dinge im Kopf herum. "Ich bin froh, dass ich gesund bin und überhaupt wieder auf dem Platz stehe", sagt der 28-Jährige, dessen Genesung vom dauerhaften Kniepatienten zum verlässlichen Profi gelungen ist.

Bei seinem Blick zurück spricht Pander, der vor vier Jahren noch ein bestaunter Teil der deutschen Nationalmannschaft war, schonungslos von einem Totalschaden. Eine schwere Knieverletzung, die sich der Mann mit dem kräftigen Linksschuss im November 2007 zugezogen hatte, brachte seine Karriere merklich ins Wanken.

Fast ein Jahre lang war der Patient Pander, der damals bei Schalke 04 unter Vertrag stand, auf dem Weg zu Reha-Behandlungen am Trainingsplatz vorbeigeschlichen und hatte den gesunden Kollegen neidisch bei der Arbeit zugesehen. Der Totalschaden hat ihn 19 Monate seiner Laufbahn gekostet.

"Ich habe mich trotzdem entschieden, den Weg als Profi weiterzugehen. Ohne mentale Hilfe, die mir immer wieder angeboten wurde. Und wer so etwas aus eigener Kraft übersteht, sieht vieles im Bundesliga-Alltag gelassener", versichert Pander. Bei Hannover 96, diesem national und international aufbegehrenden Klub, streitet er derzeit mit Konstantin Rausch um den Platz auf der linken Seite.

Ungewohnte Dreifachbelastung

Das Gute für Pander ist: Wer wie er auf internationale Erfahrung sogar aus der Champions League zurückgreifen kann, ist bei dem für Hannover neuen Spagat zwischen Bundesliga und Europa League herzlichen willkommen.

Der Tanz auf drei Hochzeiten verlangt eine gute Puste. Drei Tage nach dem Kopenhagen-Spiel empfängt Hannover 96 am Sonntag den Bundesliga-Tabellenführer Bayern München. Weitere drei Tage später steht das Pokal-Heimspiel gegen Mainz 05 an.

"Wir sind auf diese Belastungen gut vorbereitet, denn wir haben alle Positionen im Kader doppelt besetzt", sagt Hannovers Sportdirektor Jörg Schmadtke, der Slomka eine Mischung aus unerfahrenen und günstigen Profis zur Verfügung gestellt hat.

Auch Pander, der zunächst nur einen Vertrag für die laufende Saison erhalten hat, gilt als verhältnismäßig günstiger Neuzugang. Seine jüngsten Leistungen zeigen, dass es sich auszahlt, den früheren Schalker behutsam aufgenommen zu haben. "Ich schleppe diese ganze Verletzungsgeschichte mit mir herum, sie verfolgt mich", gesteht Pander. "Aber hier in Hannover vertraut man mir. Man wollte mich wieder auf den Platz bekommen. Und zwar langfristig. Genau dieser Ansatz hat mich überzeugt."

Kampf gegen das Karriereende

Vielleicht ist ein kerngesunder Christian Pander für einen Verein wie Hannover 96 überqualifiziert. Vielleicht ist der Klub, der trotz erstaunlicher Erfolge im vergangenen Jahr nicht unter medialem Dauerbeschuss steht, genau der richtige Anlaufpunkt für einen Mann mit erschreckend dicker Krankenakte. Man kennt Pander noch aus einem anderen Jahrzehnt, als er scharfe Freistöße und Flanken gekonnt auf die Reise schickte.

Seine tätowierten Arme und seine pflegeleichte Kurzhaarfrisur geben dem Verteidiger ein furchterregendes Erscheinungsbild. Aber hinter der rauen Fassade steckt ein erstaunlicher Feingeist mit Humor. "Ich kann auch andere Sachen als Fußball", findet Pander. Aber sein Versuch, sich mit Hilfe eines eigenen Sportgeschäfts einen Traum zu erfüllen und ein zweites Standbein aufzubauen, endete mit einem wirtschaftlichen Eigentor.

Seine hippen und hoppen Ausflüge in das Musikgeschäft waren ein Hobby, mehr nicht. Pander hat schnell gemerkt, dass es für ihn viel wichtiger ist, dem drohenden Karriereende als Profifußballer mit aller Wucht den Kampf anzusagen. Er sieht in Hannover 96 die beste aller dankbaren Reha-Maßnahmen für Körper und Seele zugleich.

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