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Dating Ü40Ich will keine Beziehung, ich will einen One-Night-Stand

Kolumne
von Mira Milborn

Raus aus der langjährigen Beziehung, rein ins Abenteuer. Wie und wo trifft man Leute für Dates und Sex? Das will unsere Kolumnistin herausfinden.

Männer, im potentiellen Befriedigungszustand unerheblich Foto: Depositphotos/imago

K ein Geplänkel in einer Bar, ein abgekürzter Spaziergang, bei ihm dann nur auf Nachfrage und nichts weiter als ein Glas Wasser und erst auf meinen Vorschlag hin Musik. Romantik hat M. nicht eingeplant. Ich bin knapp über 40, habe gerade zehn Jahre einer festen Beziehung hinter mir und will auf keinen Fall sofort wieder eine neue anfangen. Ich will einen One-Night-Stand. Ein paar Stunden reichen auch.

Dafür habe ich mir nach langem Zögern zum ersten Mal in meinem Leben eine Dating-App heruntergeladen und bei „Ich bin auf der Suche nach“ lediglich „Hookups“ angekreuzt. Damit will ich nicht von Bekannten erwischt werden, die in der App auf mein Profil stoßen. Also stelle ich als Wohnort meine Heimatstadt ein, wo ich am Wochenende meine Eltern besuche. Die Stadt ist groß genug, und ich bin so selten da, dass ich dort ausreichend ano­nym ­daten kann. Für den Nachmittag vor dem geplanten Date verabrede ich mich mit einer Schulfreundin, mit der es, so der Coverplan meinen Eltern gegenüber, dann etwas länger werden soll.

Viel Auswahl gibt es in der Kleinstadt nicht. Mehrheitlich werden mir Männer in 50 Kilometer entfernten Städten angezeigt, aber ich habe kein Auto und keine Zeit. Arme Kleinstädter, denke ich, schwierige Partnersuche. Ein paar passende Kandidaten für mich gibt es dann doch. Ich matche mit D. und M. Wir schreiben ein wenig hin und her. Meine Wahl fällt auf D., aber zeitlich passt es nicht. Also sage ich M. zu. Ich will etwas trinken gehen, dass wir ein Gefühl füreinander bekommen, uns gegenseitig verführen. Aber M. sagt, es gebe keine Bar bei ihm in der Nähe. Und: „Keine Sorge, es wird trotzdem ein Vorspiel geben.“

Na ja. Nach einem kurzen Spaziergang sitzen wir auf seinem Sofa, trinken Leitungswasser, unterhalten uns über seine Musiksammlung, dann frage ich, auch nicht sehr romantisch: „Und jetzt?“ – „Wir könnten uns küssen?“ Unbeholfenheit at its best. Also küssen wir uns, beginnen uns auszuziehen. Er schlägt vor, ins Schlafzimmer zu wechseln.

Wenig Erfahrung und ein bisschen konservativ

Aha, denke ich, Vorspiel im Wohnzimmer, Hauptteil im Schlafzimmer. Das passt in mein Bild von ihm. Kleinstädter, wenig erfahren, ein bisschen konservativ in Bezug auf Sex und Geschlechterrollen: M., 36, betont mehrmals, dass er noch nie mit einer „älteren Frau“ zusammen war. Dann behauptet er, Frauen seien beim Sex und Masturbieren grundsätzlich laut. Immerhin, dass Frauen masturbieren, erkennt er an. Und er sagt „Vulva“, hat also etwas vom aktuellen Diskurs aufgeschnappt – und kümmert sich einigermaßen ausführlich um selbige.

Als wir zum nächsten Part übergehen, hält er keine fünf Minuten durch. Er ist drinnen, da ist er schon fertig. Er sei seit seiner letzten Freundin mit keiner Frau mehr zusammen gewesen, meint er, sich erklären zu müssen, spendiert mir ein Nachspiel (meine Wortwahl), dann kuscheln wir ein bisschen. Ich könne bei ihm übernachten, bietet er an, aber ich muss zurück zu meinen Eltern, um nicht aufzufliegen.

Beim Verlassen der Wohnung schicke ich meiner Freundin, mit der ich meinen Standort geteilt hatte, eine Nachricht: „Alles in Ordnung, ich gehe nach Hause. Er hat gerade mal vier Bücher!“ Am nächsten Tag überlege ich, M. ein letztes Mal zu schreiben. Doch der hat unseren Chat bereits gelöscht. Ich bin minimal gekränkt, aber eigentlich ist es mir egal. Ich bin endlich drin im App-Game. Und ich hatte Sex.

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10 Kommentare

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  • So richtig erschließt sich mir die Aussage des Beitrags nicht, es hört sich nach Nörgelei an. Der Frust kommt auf jeden Fall deutlich rüber und wurde bestimmt beiderseits so empfunden.

    "Als wir zum nächsten Part übergehen, hält er keine fünf Minuten durch. Er ist drinnen, da ist er schon fertig. "

    Mann soll ja zurecht nicht mit Porno-Erwartungen an die Penetration herangehen. 20 min Dauerpenetration sind schon arg überdurchschnittlich, da tun realistische Erwartungen und gute Kommunikation beiderseits auch mal gut. Der verlinkte Artikel zeigt das gut - warum der Satz "Er ist drinnen, da ist er schon fertig." damit verlinkt ist, ergibt für mich nicht so viel Sinn.

  • Schwierig, wenn frau mit so viel Vorbelastung reingeht - Im Wohnort soll es keiner wissen, den Eltern gibt man vor wo anders zu sein.... mit 15 ist das vielleicht romantisch, für einen erwachsenen Menschen find ich das ein wenig verkrampft - vielleicht mal an der Einstellung zur eigenen Sexualität arbeiten?? Sage das hier als schwuler Mann dessen Offenen Beziehung auch am Arbeitsplatz kein Geheimnis ist.

  • Mein Gott, was für eine Zeit. In den 70zigern, in der Frankfurter Spontiszene, gab es, wer wollte, feste Beziehungen. Es gab aber auch ein Geflecht von Menschen wo jeder jeden liebte. Liebte! Eine unbeschwerte, unverkrampfte Zeit, wunderschöne Zeit. Es gab die Batschkapp, den Elfer, den Schrottkopf, den Tannenbaum, die Weinstube und und und. Spät nachts tanzte man im Meckie Messer ab und - überall traff man Menschen, die man mochte und mit denen man sich lieben konnte. Und heute? Mal ehrlich - alles nur noch für'n Arsch.

  • Meine Erfahrung: ONS funktionieren nur spontan, zufällig, bei Gelegenheit etc. richtig. Geplant zumeinst nicht gut. Auch für mich als Mann nicht.



    Frau würde ich empfehlen in einen Swingerclub zu gehen. Sicheres Ambiente, Einmaligkeit kann garantiert werden, wenn man will. Und die Auswahl an Singlemännern auf einem Haufen ist groß. Drei Wort, einmal riechen, dann schmecken und gut ist. Diese Clubs sind in der Regel tausendmal besser als die Vorstellungen darüber.

  • ONS hat es wahrscheinlich bereits bei den ersten Primaten gegeben.



    Mir fällt wiederholt auf, dass es eine mediale Nebelbank zu geben scheint, welche seit geraumer Zeit den Blick auf tragfähige Beziehungen sowie jene Aspekte verhindert, welche dafür nützlich und sinnstiftend sind.



    Ich würde mir wünschen, dass wir uns in der Gesellschaft vermehrt darüber unterhalten welche Daseinsformen genau welche Implikationen auf uns sowie die Zukunft unserer Kinder haben.



    Egosimus gepaart mit Hedonismus kann bestimmt sexy sein - langfristig und exklusiv Menschen zu lieben, Verantwortung für PartnerInnen und Kinder zu übernehmen hört sich ad-hoc anstrengender an, ist glücklicherweise nicht disjunkt zu vielen positiven Aspekten des Lebens, die uns auch als Gesellschaft stabilisieren und zusammenbringen.



    Ich wünsche mir, dass wir kein Ministerium für Einsamkeit

    • @Papa-Pirat:

      Das beste ist: Das alles muss sich nichtmal gegenseitig ausschließen.

  • Für so ein "Erlebnis" knöpfe ich nicht einmal meine Jacke auf.

  • Jede soll nach ihrer Fasson selig werden 😉

  • Klingt irgendwie konsternierend...

  • Besser schlechten Sex als gar keinen Sex? Das erinnert mich an den seligen Karl Dall in Bezug auf Wein: "Mit zunehmendem Alter schüttet man nicht mehr jeden Müll in sich rein" (aus dem Gedächtnis zitiert). Wäre auch meine persönliche Empfehlung in Bezug aufs Vögeln - aber das muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden.