Einigung bei Damp-Kliniken: Friedenspfeife bei Nachtsitzung

Der Tarifkonflikt bei den Damp-Kliniken ist beigelegt. Die 1.000 Kündigungen in der Servicegesellschaft sind vom Tisch, eine Beschäftigungssicherung für mindestens 18 Monate wurde vereinbart.

Dieser Streik hat sich gelohnt: Die Beschäftigten der Damp-Einrichtungen bekommen mehr Lohn. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der erbitterte Tarifkonflikt bei der Klinik-Gruppe Damp ist beigelegt. In der Nacht zum Mittwoch einigten sich in Berlin die Gewerkschaft Ver.di und der Fresenius Gesundheitskonzern, zu dem Helios gehört, auf einen neuen Tarifvertrag für die 5.600 Beschäftigten in den neun Kliniken in Norddeutschland. Die vor knapp zwei Wochen ausgesprochenen 1.000 Kündigungen bei der Zentralen Service Gesellschaft (ZSG) sind damit vom Tisch.

„Dieses Ergebnis ist vor allem der Entschlossenheit der Beschäftigten und der Unterstützung der Öffentlichkeit, Patienten und Politik zu verdanken“, sagt Ellen Paschke aus dem Ver.di-Bundesvorstand.

Auch die Helios GmbH, die gerade bei der geplanten Übernahme des Rhön-Klinikums mit allein elf Standorten im Norden Schiffbruch erleiden musste, ist erleichtert. „Wir sind froh, dass der Streit und damit der Streik jetzt beendet ist“, sagte Helios-Regionalgeschäftsführer Nord-West, Jörg Reschke. „Es war eine Tarifauseinandersetzung, die wir als Unternehmen und ich persönlich in dieser Vehemenz noch nicht erlebt haben.“

Die Helios GmbH mit Sitz in Berlin ist einer der drei größten Klinikkonzerne Deutschlands und gehört zum Gesundheitskonzern Fresenius in Bad Homburg.

2,7 Milliarden Euro Umsatz machte Helios im vergangenen Jahr in den bundesweit 73 Kliniken.

Die Damp-Holding mit ihren fünf Akutkliniken und vier Reha-Zentren in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern hat Helios im März übernommen.

Die Übernahme der Rhönklinikum AG mit bundesweit fast 50 Kliniken ist vergangenen Freitag gescheitert. Helios konnte statt 90 Prozent nur 84,3 Prozent der Rhönaktien erwerben, weil Konkurrent Asklepios dazwischenfunkte und kurzfristig fünf Prozent der Rhönaktien aufkaufte.

Unter Druck geraten ist Helios zuletzt auch, weil die Krankenkassen und einige Kostenträger angekündigt hatten, wegen der Streiks und der unzureichenden Versorgung keine Patienten mehr in die Damp-Kliniken zu schicken.

Der Konflikt war eskaliert, als Helios 1.000 ZSG-Beschäftigten als Reaktion auf die Ankündigung des Streiks gekündigt hatte. Angeblich hätten die Damp-Klinken die Verträge wegen des Ausstandes mit der Damp-eigenen ZSG gekündigt.

Dabei ist es kein Geheimnis, dass Helios bereits begonnen hatte, dezentrale Service-Gesellschaften mit Dumpinglöhnen aufzubauen. Daher ist Ver.di erfreut, den „Frontalangriff auf das Streikrecht“, wie es Ver.di-Chef Frank Bsirske am Samstag auf einer Kundgebung formulierte, abwehren zu können.

Die Tarifeinigung sieht nämlich jetzt vor, dass die ZSG-Beschäftigten während der Abwicklungsphase ihrer Gesellschaft in neue regionale Helios-Servicegesellschaften zu den bisherigen Konditionen wechseln können. Das könnte für 800 Beschäftigte der Fall sein. Die etwa 200 Mitarbeiter, die keinen neuen Job finden, können bis zu 18 Monate in einer von Helios finanzierten Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft unterkommen.

Finanzielle Verbesserungen konnte Ver.di auch für das originäre Klinikpersonal an den fünf Akutkliniken und vier Reha-Einrichtungen durchsetzen. Sie erhalten rückwirkend zum 1. Mai 3,5 Prozent mehr Gehalt und weiter 1,4 Prozent ab 2013. An den Akutkliniken bekommt das Personal analog zu dem Tarifvertrag im Öffentlichen Dienst ab August 2013 nochmals 1,4 Prozent mehr Geld. Das Weihnachtsgeld wird auf 80 Pozent eines Monatsgehaltes angehoben „Es ist gut, dass Fresenius Helios mit dem Tarifabschluss die qualitativ hochwertige Leistung der Beschäftigten anerkennt“, würdigt Ver.di-Frau Paschke das Ergebnis, das noch in einer Urabstimmung abgesegnet werden muss.

Unterdessen ist das nicht ärztliche Personal an der Asklepios Nordseeklinik in Westerland auf Sylt am Mittwoch in den unbefristeten Streik getreten. Betroffen seien die Bereiche Pflege, Verwaltung und Hauswirtschaft, sagte Ursula Rummel vom Ver.di-Bezirk Westküste. 70 Mitarbeiter versammelten sich vormittags vor der Klinik. Ver.di fordert den Abschluss eines Tarifvertrags sowie 14,5 Prozent mehr Gehalt, um auf der teuren Insel an das Lohnniveau vergleichbarer Klinken auf dem Festland anzuknüpfen. Ver.di hofft, in der Urlaubssaison besser Druck auf Asklepios ausüben zu können. „Die Insel ist voll“, sagt Rummel und Asklepios-Sprecher Rudi Schmidt kündigte an, nach der gewährten 3,5 Prozent Gehaltserhöhung in der Nordseeklinik erst mal abwarten zu wollen. Es handele sich um einen „normalen Arbeitskampf“.

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