Harald Schmidt wieder bei Sat.1: Wie Klosprüche in der Ex-Stammkneipe

Eine Late-Night-Show lebt von Anspielungen und Selbstzitaten - dafür war Harald Schmidt zu lange weg. Trotzdem fühlt man sich wie in der eigenen Vergangenheit.

Endlich daheim: Harald Schmidt bei Sat.1. Bild: dpa

Nun ist Harald Schmidt also tatsächlich zu Sat.1 zurückgekehrt - "Endlich daheim", jubelt er in der den Wechsel begleitenden Werbekampagne -, und alles ist so, als wäre er nie weggewesen, als wäre dieser ganze ARD-Irrtum nur ein böser Traum gewesen. Selbst die musikalischen Gäste katapultierten den Zuschauer zurück in Harald Schmidts glorreiche Sat.1-Vergangenheit: Auch wenn die "Guano Apes" angeblich ihre neue Single vorstellten, klangen sie genauso langweilig, aber laut wie 1998. Davon konnte auch das ekstatische Hopsen von Frontfrau Sandra Nasic nicht ablenken.

Jeder, der wieder in die Stadt seiner Jugend reist, weiß, dass nach Hause kommen auch Beklemmungen auslösen kann: Man betritt eine Kneipe und kennt jeden Klospruch. Und da sitzen dieselben Leute (immer noch?) wie beim letzten Besuch - auch die, die man am liebsten vergessen hätte. Ein bisschen so war das auch bei Schmidts Sat.1-Wiederaufnahme am Dienstag. Überraschungen blieben aus. Gut, Bandleader Helmut Zerlett wird immer dicker, aber das kennt man ja vom Wirt der Ex-Stammkneipe, die zur Stammkneipe wurde, weil es in der Kleinstadt keine Alternative gibt. Wie im deutschen Fernsehen.

Verlässlichkeit und Langeweile sind Geschwister. Und weil der Harald Schmidt, den wir geliebt haben, dann eben doch ein Weilchen weg war, eine gefühlte Ewigkeit, konnte ein Gefühl der Verlässlichkeit am Dienstag nur sehr begrenzt entstehen. Eine Late-Night-Show braucht Kontinuität, Running Gags, lebt von Anspielungen und Selbstzitaten.

Referenzfreier Raum

Insofern bewegte sich Schmidt am Dienstag weitgehend im referenzfreien Raum, suchte noch nach den Themen, für die wir ihn höchstwahrscheinlich wieder lieben werden, wenn er tatsächlich wieder regelmäßig auf Sendung geht: jeden Dienstag, jeden Mittwoch, immer um 23.15 Uhr.

Gags über Guttenbergs USA-Aufenthalt und eine griechische Euro-Münze ("vorne ne Eins, hinten Peter Zwegat") werden das nicht schaffen. Und auch das Aufwärmen einer anderen prominenten TV-Premiere zwei Tage zuvor zeigte wenig von Schmidts alter Klasse. Schön war allein die Begrüßungsformel "Und hier kommt der Lebensretter von Elke Heidenreich" als Anspielung auf deren bizarre Anekdote bei "Günther Jauch", wonach sie wegen einer Einladung in Schmidts Show New York gerade rechtzeitig vor 9/11 verlassen hat. Aber ein Einspieler, in dem Anne Will am Sonntagabend übel wird - dazu der Spruch "Bei uns im Ersten reihern Sie in die ersten Sitze" - das ist doch wohl nicht sein Ernst?! Oder hab ich bloß den Subtext nicht verstanden? Das wäre eine Erklärung - aber wohl auch keine Entschuldigung.

Dann stand plötzlich Olli Dittrich in Studio 449, der mittlerweile so aussieht, als hätte er auf Concierge im Designhotel umgeschult, und plauderte mit Schmidt über den Gemüsebrüheautomaten auf dem Anwesen von Rudi Carrell. "Freuen Sie sich auf den ersten guten Scherz heute Abend, meine Damen und Herren", kündigte Dittrich einen Gag an, den ich dann wohl verpasst habe. Den mit Pinocchios Ast im Ärmel meinte er wohl nicht. Und Schmidt freute sich gegen Ende des meditativ wie ein Gebirgsbächlein dahinplätschernden Überraschungsauftritts von Dittrich: "Mann, haben wir geiles Material für morgen gespart." Na, hoffentlich!

Bettfertig mit Hape Kerkeling

Vollends bettfertig machte den Zuschauer der Auftritt von Hape Kerkeling, der zu Beginn seines Auftritts eine sensationelle Ankündigung fürs Ende seines Auftritts versprach: "Es geht um eine ziemlich große Unterhaltungssendung, mehr verrate ich nicht." Natürlich sprach er nicht von "Wetten, dass..?" Nach ein bisschen Promo für seine ZDF-Reihe "Unterwegs in der Weltgeschichte", in der Kerkeling als Katharina die Große und Napoleon auftritt, und Fachsimpeleien über "Traumschiff"-Dreharbeiten (Kerkeling: "Ich hatte mehr Landdrehs als Schiffsdrehs") kündigte Kerkeling an, im Januar beim NDR-Talk "Tietjen und Hirschhausen" zu Gast zu sein. Puh, schlechter als ein schlechter Witz ist ein schlechter Witz, den man Monate vorher kommen sieht.

"Und jetzt die "24 Stunden"-Reportage "Drunter und drüber! Stellungswechsel in Pornoland", verabschiedete sich Schmidt nach einer Stunde und zwei Werbepausen. Da ist er wieder, der Trash, über dem - wir erinnern uns dunkel - Schmidt thronen kann, der ihn womöglich erneut zum Leuchten bringen wird - endlich daheim!

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.