Holger Apfel beim NPD-Verbotsverfahren: Vom Ballermann nach Karlsruhe

Wenn nächste Woche über die NPD verhandelt wird, ist ein illustrer Zeuge geladen: Holger Apfel. Der frühere Parteichef lebt heute auf Mallorca.

Der frühere NPD-Funktionär Holger Apfel sitzt vor einem Wahlplakat

Da waren sie noch Freunde, der Holger und die NPD. Foto: dpa

BERLIN taz | Die letzten Fotos, die Holger Apfel ins Internet stellte, zeigen ihn am Strand von Mallorca, gebräunt mit Strubbelfrisur, und am Kneipentisch mit Weißwurst und Bierkrug. Am kommenden Dienstag muss der Ex-NPD-Chef mit einem gediegeneren Ambiente Vorlieb nehmen: Dann ist Apfel in das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe geladen – ins beginnende NPD-Verbotsverfahren, als eine von fünf „Auskunftspersonen“ der rechtsextremen Partei.

Apfel wird damit der sicherlich schillernste Zeuge. Und für die NPD zum großen Unsicherheitsfaktor. Denn der 45-Jährige war einer der bekanntesten Rechtsextremen des Landes, wurde 2013 aber nach einem angeblichen sexuellen Übergriff in der Partei abgesägt – und ist heute Kneipenwirt auf Mallorca.

Erbaut ist Apfel über die Einladung nach Karlsruhe nicht. „Ich habe mit dem Thema abgeschlossen und sehe nicht, inwieweit ich sachdienliche Informationen liefern kann“, sagt er der taz am Telefon. Er stehe noch in Kontakt mit dem Gericht, ob er tatsächlich erscheinen müsse. Werde er aber befragt, werde er „keinem nach dem Munde reden“, so Apfel. „Das wird weder Presse und Politik gefallen, noch der Partei.“

Das Bundesverfassungsgericht äußert sich grundsätzlich nicht, warum sie welche Auskunftspersonen hören will. Neben Apfel sind von der NPD auch der Ex-Vorsitzende und heutige Europaabgeordnete Udo Voigt, NRW-Landeschef Claus Cremer, der Fraktionschef in Mecklenburg-Vorpommern Udo Pastörs und der sächsische Parteistratege Jürgen Gansel geladen. Und so eingeschworen sich die NPD vor dem Verfahren gibt, so kritisch blickt sie auf den Auftritt von Apfel. Man sei schon überrascht über die Ladung von Apfel gewesen, sagt der NPD-Rechtsbeauftragte Frank Schwerdt.

Apfel spricht von „Hasskampagne“

Ende 2013 war Apfel nach zwei Jahren als NPD-Bundeschef geschasst worden, weil er ein junges Parteimitglied sexuell belästigt haben soll. Apfel, der jahrelang auch die NPD-Fraktion in Sachsen anführte, sprach dagegen von „Hasskampagnen“ gegen ihn, weil er zuvor einen seriöseren Kurs vorgegeben habe. Er trat darauf aus der Partei aus, schmähte die Partei als „unreformierbar“ - und tauchte wenig später in Mallorca auf: als Betreiber der „Maravillas Stube“ am Ballermann. Seitdem verkauft Apfel dort Schnitzel, Cocktails und Schnäpse „aus Holgers Kräutergarten“.

Apfel kann seine früheren Kameraden aber beruhigen: Für verbotswürdig hält er die NPD nicht. Viele der Vorwürfe seien „Kampfbegriffe“ und „in den Raum gestellte Pauschalisierungen“, sagte er. Auch Gewalt sei in der NPD nicht verherrlicht worden, behauptet Apfel. Es klingt nach alten Szenezeiten. „Grundsätzlich muss eine Demokratie auch abwegige Meinungen aushalten.“

Abwegig – so kann man es sehen. Im Verbotsantrag wird Apfel selbst mit einer Rede zitiert, in der er Israel einen „Schurkenstaat“ nannte und von einer „blühenden Holocaustindustrie“ sprach. Bei anderen Auftritten redete er von einem „Bombenholocaust“ der Alliierten am Ende des Zweiten Weltkriegs oder forderte, „die Einfallstore für muslimische Bombenleger, kriminelle Zigeunerbanden und Sozialschmarotzer aus aller Welt“ zu schließen. Möglich also, dass es auch Apfels frühere Aussagen sind, die am Ende ein NPD-Verbot in Karlsruhe mitbegründen.

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