Kämpfe in der Ukraine: Die Waffen schweigen nicht

Trotz einer von Präsident Petro Poroschenko verkündeten einwöchigen Feuerpause gehen die Kämpfe im Osten der Ukraine weiter.

Fliehe, wer kann! Eine Ukrainerin am Grenzposten Izvaryne auf dem Weg nach Russland. Bild: reuters

ODESSA taz | Ungeachtet eines vom ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko verkündeten einseitigen Waffenstillstands scheinen die Kämpfe in mehreren Orten im Osten des Landes weiter zu gehen. In Kramatorsk, Slawjansk und Gorlowka seien auch am Wochenende Schusswechsel zu vernehmen gewesen, berichteten Bewohner des Donbass der taz telefonisch.

Russlands Präsident Wladimir Putin warf der ukrainischen Armee Kampfhandlungen nach Inkrafttreten der Waffenruhe vor und appellierte an die ukrainische Regierung, den Dialog mit den Separatisten im Osten aufzunehmen. In der Nacht habe es von ukrainischer Seite Artilleriebeschuss auf Stellungen der Rebellen gegeben, sagte Putin am Sonntag. Es sei aber nicht klar, ob Regierungssoldaten oder mit ihnen verbündete rechtsgerichtete paramilitärische Gruppen das Feuer abgegeben hätten. „Wir müssen sicherstellen, dass alle Kampfhandlungen aufhören“, forderte Putin, der seine Unterstützung für die von Poroschenko ausgerufene Waffenruhe bekräftigte.

Demgegenüber erklärte ein Armeesprecher in Kiew, zwei Posten an der Grenze zu Russland seien von Heckenschützen und mit Granatwerfern angegriffen worden. Dabei seien neun Soldaten verletzt worden. Im Landesinneren seien weitere zwei Posten mit Maschinengewehren sowie Granatwerfern beschossen worden.

Der Waffenstillstand war am vergangenen Freitag von Präsident Poroschenko verkündet worden. Eingebettet ist er in ein Gesprächsangebot an die Aufständischen und einen aus 15 Punkten bestehenden Friedensplan. Neben der einseitigen Waffenruhe sieht Poroschenkos Plan die Schaffung eines Korridors vor, über den russische und ukrainische „Söldner“ die Ukraine Richtung Russland verlassen können. Aufständische, die sich keiner Verbrechen schuldig gemacht haben, können mit einer Amnestie rechnen, so der Präsident. Außerdem soll eine zehn Kilometer breite Pufferzone an der ukrainisch-russischen Grenze die Spannungen an der Grenze abbauen.

Forderungen erfüllen oder vernichtet werden

Die Fortsetzung des einwöchigen Waffenstillstands will Poroschenko von der Erfüllung seiner Forderungen an die Aufständischen abhängig machen. So sollen diese innerhalb einer Woche ihre Waffen niederlegen, die besetzten Gebäude räumen und alle Geiseln freilassen. Wer diese Forderungen nicht erfülle, der müsse nach Ablauf des Waffenstillstands mit seiner Vernichtung rechnen, so der Präsident.

Der Staatschef versprach, einen Teil seiner Vollmachten zur Ernennung von Gebietsverwaltern an die Regionen abzutreten. Zudem werde ein Teil der Steuern nicht mehr nach Kiew fließen, sondern in den Kommunen bleiben. Mit Unterstützung der Europäischen Union werde man im Donbass neue Arbeitsplätze schaffen.

„Wir glauben Poroschenko kein Wort“, erklärte ein älterer Herr vor dem Gewerkschaftshaus von Odessa gegenüber der taz. „Hier in Odessa und im Donbass haben die ukrainischen Sicherheitskräfte weißen Phosphor eingesetzt. Das ist ein verbotener Kampfstoff. Und da sollen wir glauben, Poroschenko sei eine Friedenstaube? Nein, wir lassen uns von ihm nicht reinlegen.“

„Poroschenko ist eigentlich kein schlechter Mensch, und er weiß, wie man eine Firma leitet“, philosophiert ein Arbeiter in einer Bar bei seinem zweiten Bier. „Aber er hat die Lage nicht im Griff. Die Militärs machen doch, was sie wollen. Und die werden seinen Waffenstillstand unterlaufen. Wenn Poroschenko Charakter hätte, würde er zurücktreten.“

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