Kolumne Männer: Warum Männer ermatten

Was denken Männer nach dem Sex? Das wollen Sie gar nicht wissen.

Manchmal habe ich Sex. Darüber freue ich mich dann sehr. Diese Begeisterung ist unabhängig davon, ob ich in einer Beziehung bin oder nicht. Oder davon, wie genau die charmanten Handgreiflichkeiten aussehen. Dazu amüsiert es Männer viel zu sehr, dass sie überhaupt mitmachen dürfen. Die Formel vom "schlechten Sex" hat bestimmt kein Kerl erfunden. Sie nehmen es wie echte Amateure: Dabei sein ist alles.

Direkt nach dem Sex aber sind sie nicht mehr recht bei der Sache. Frauen kennen das. Noch immer wabert das Klischee vom stoffeligen Typen durch Frauenzeitschriften, der den berechtigten Wunsch nach "Nachspiel" ignoriere. Dabei könnte Frauen klar sein, dass schon das Wort "Nachspiel" abschreckt.

Im Rahmen einer US-Studie, berichtet das Fachmagazin Glamour, sollten College-Studenten entscheiden, was ihnen am wichtigsten beim Sex ist: Vor-, Nachspiel oder eigentlicher Akt? Frauen votierten mehrheitlich fürs Vor- und Nachspiel. Kein einziger Mann wählte das Nachspiel.

Die maskuline Ermattung hat klar benennbare physiologische Gründe: Männer haben im Schnitt mehr Muskelmasse als Frauen, weshalb sie Sex stärker anstrengt. Die Strapaze jagt den Blutzuckerspiegel in den Keller. Zudem sorgen Hormone wie Proctalin für einen Zustand, den Männer sonst nicht kennen: vollständige, selige Zufriedenheit. Für etwa fünf Minuten.

Diese kurze Zeitspanne kann also eine Antwort auf die Frage geben: Woran denken Männer, wenn sie glücklich sind? Als guter Journalist war ich mir nicht zu schade, bei Gelegenheit selbst zu recherchieren. Meine Notizen lauten folgendermaßen:

Erste Minute: "Jeppah! Puh. Ah, auf den Rücken legen, sehr gut. Durchatmen. Erst mal alle Glieder, so weit möglich, von mir strecken. Pfffrrpffff: ,Glieder'. Ich mag plumpe Wortwitze. Zum Glück kriegt das keiner mit."

Zweite Minute: "Mein linker Fuß ist kalt, unter die Decke damit. Noch mal durchatmen. Ich muss einen Weg finden, meine Steuererklärungssoftware-CD auf mein Netbook zu übertragen, das hat ja kein CD-Laufwerk. Warum denke ich an so was?"

Dritte Minute: "Ich brauche ein neues Fahrrad, das alte ist viel zu klein und eh kaputt. Habe ich Mundgeruch? Warum ist das wichtig? Ach so, da liegt ja noch ein netter Mensch neben mir. Na, wo warst du denn die vergangenen drei Minuten?"

Vierte Minute: "Die Nackenschmerzen, die ich den ganzen Tag hatte, sind futsch. Marvin Gaye soll vorm Schreiben einer seiner Platten ja etliche Male masturbiert haben, damit nicht schon wieder Sexsongs rauskommen. War es ,Whats going on?', sein Anti-Vietnamkriegs-Epos? Mensch, Sex ist echt ne praktische Sache: gut gegen Krieg und Nackenschmerzen."

Fünfte Minute: "Vielleicht kann man mit Sex ja Geld verdienen. Die Idee ist nicht so originell, wie du gerade denkst, mein Freund. Wo war ich? Ah, ja: Sex! Wann gibts wieder welchen?"

Das Ergebnis meiner Recherche lässt mich ernüchtert zurück: Männer sind glücklich, wenn sie nicht an Sex denken. Glückseligkeit aber ist, genauer betrachtet, ziemlich langweilig. Zum Glück habe ich nur manchmal Sex.

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Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.

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