Kommentar 2. TV-Duell: Obama ist wieder da

Selbst Konservative müssen eingestehen: Diesmal war Obama besser. Wichtiger aber ist der Auftritt des Präsidenten für die eigenen Leute.

Was für ein Unterschied zur ersten Debatte zwischen Mitt Romney und Barack Obama! Selbst im Fernsehkanal Fox News mussten die befragten konservativen Experten eingestehen, dass diese zweite Fernsehdebatte, drei Wochen vor der US-Wahl, an Präsident Obama ging.

Der Präsident, der noch beim ersten Aufeinandertreffen der beiden Kontrahenten scheu auf seine Notizen geblickt hatte und weder in der Verteidigung seiner ersten Amtszeit noch in der Kritik seines Gegenübers wirklich hatte punkten können, zeigte sich diesmal voller Energie, offensiv und vor allem aktiv.

Ein ums andere Mal drängte er Romney in die Defensive, verleitete ihn zu Fehlern und vor allem: Obama gelang es, die Charakterisierung Romneys als kalten Geschäftsmann, der wie der berühmte Wolf im Schafspelz nette Dinge sagt, aber nur Politik für die Reichen im Kopf hat, in die Debatte zu tragen. Genau das war beim ersten Mal überhaupt nicht gelungen, stattdessen erlaubte er da noch Romney, sich als warmherzigen, visionsreichen good guy zu präsentieren.

War die erste Debatte von Romneys gutem und Obamas schlechtem Auftritt einerseits, vor allem aber von ziemlicher Langeweile ob des mangelnden Kampfgeistes geprägt, ging es diesmal direkt zur Sache. Offenbar gut gecoacht, gelang es Obama, genau die richtige Portion von Vizepräsident Joe Bidens Aggressivität mit in die Debatte zu nehmen, um offensiv, aber nicht arrogant zu erscheinen.

Und: Die dank der Zuschauerfragen breite Themenpalette schloss diesmal etwa auch Waffenkontrolle und gleiche Bezahlung für Frauen ein, bei denen Romney keinerlei befriedigende Antworten zu bieten hatte, Obama hingegen immerhin deutlich machen konnte, auf welcher Seite er steht.

Was dieser Sieg für den weiteren Verlauf des Wahlkampfes und vor allem die tatsächliche Wahl am 6. November bringt, bleibt abzuwarten. Ad-hoc-Umfragen einiger Fernsehsender signalisierten, dass auch eine Mehrheit der Zuschauer Obama den Sieg in der Debatte gab, allerdings nicht in einer Größenordnung, die Obama quasi automatisch zum Wahlsieg tragen könnte. Das können diese Debatten wohl auch nicht mehr.

Aber so wie es für Romney vor zwei Wochen entscheidend war, fünf Wochen schlechter Nachrichten und sinkender Umfragewerte für sein Team aufzuhalten und den Trend umzukehren, war es diesmal für Obama wichtig, seiner eigenen Basis wieder zu Selbstbewusstsein zu verhelfen. Für die Obama-Unterstützer und die tausenden von freiwilligen Helfern, die in den letzten Wochen vor der Wahl von Haus zu Haus gehen, war dieser gelungene Auftritt des Präsidenten immens wichtig. Sie alle waren nach der ersten Debatte unglaublich enttäuscht, und lediglich das Gefühl, einen Präsidenten Romney verhindern zu wollen, hielt sie, wenn überhaupt, bei der Stange.

Das hat der Präsident geschafft – der Glaube an Obama als denjenigen, der für ihre Überzeugungen steht und diese auch offensiv vertritt ist wieder da.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.