Kommentar FDP: Desolate Partei

Die FDP ist immer noch eine Partei in Regierungsverantwortung. Gut möglich, dass sich gerade jetzt Lobbyisten und Steuersenker aufschwingen, den Laden zu übernehmen.

Am Ende dieses Jahres muss die FDP einsehen: Sie kriegt es nicht gebacken - weder machtpolitisch noch parteiintern. Selten sah man die Partei in einem derart desolaten Zustand wie dieser Tage.

Nicht nur dass die Liberalen binnen 27 Monaten in den Umfragen von 14,6 auf kaum noch messbare 3 Prozent gerutscht sind. Und nicht nur dass Parteichef Philipp Rösler knapp vor dem Ende des Mitgliederentscheids zum Eurorettungsschirm ESM die Parteibasis denkbar ungeschickt düpiert hat. Nein, jetzt geht auch noch Generalsekretär Christian Lindner von Bord.

Zurück bleibt der Vorsitzende Rösler. Sieben Monate lang hat er versucht, innerhalb Partei und Koalition eine gute Figur zu machen. Sein junger Generalsekretär war ihm in dieser Zeit treu ergeben. Es waren sieben Monate, in denen die Eurokrise einen stringenten FDP-Wirtschaftsminister und Vizekanzler erfordert hätte.

Aber der war als Parteivorsitzender zumeist damit befasst, selbstgewisse Alt- und eitle Jungmitglieder in Schach zu halten. Nun, wo Lindner hingeworfen hat, verengt sich das Personaltableau auf die liberalkonservative Garde. Sein Nachfolger wird Patrick Döring werden. Dem Fraktionsvize aus Röslers Landesverband Niedersachsen wird eine politische Nähe zu Rainer Brüderle nachgesagt.

Wenn nach mehr als zwei Jahren in Regierungsverantwortung die FDP-Führung wieder in die Hände der gerade erst beiseitegefegten Altvordern fällt, dann könnte Kanzlerin Angela Merkel doch noch einen straff gelenkten Koalitionspartner an die Seite bekommen, mit dem sie die zweite Hälfte dieser Legislatur überbrücken kann. Aber die Tage von Philipp Rösler als Parteivorsitzendem dürften in diesem Fall gezählt sein.

Man weiß nicht recht, ob man sich das wünschen soll. Bei den Wählerinnen und Wählern sind die Liberalen mittlerweile zur Lachnummer geschrumpft. Innen- und außenpolitisch aber sind sie in der Position, die Geschicke dieses Landes in bewegten Zeiten zu lenken.

Die FDP ist immer noch eine Partei in Regierungsverantwortung. Gut möglich, dass sich gerade jetzt jene aufschwingen, die den von Rösler und Lindner propagierten "mitfühlenden Liberalismus" verabscheuen: die Lobbyisten und Steuersenker.

Am rechten Rand warten Leute wie Hans-Olaf Henkel darauf, den Laden zu übernehmen - und den europäischen Rechtsliberalismus wählbar zu machen.

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1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.

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