Kommentar Kunst-Zensur: Unbilder einer Ausstellung

Der Martin-Gropius-Bau nimmt ein Video aus seiner Polen-Ausstellung. Dabei ist der Vorwurf des Antisemitimus hier unerhört. Es geht um einen Konflikt zwischen Kunst und Politik.

Vielleicht sollten das Centrum Judaicum und der Martin-Gropius-Bau mal einen Betriebsausflug in die Akademie der Künste machen. Dort wird gerade die Arbeit "Fragmente" von Miroslaw Balka gezeigt. In einer Fotoreihe mit dem Titel "Bambi" setzt sich Balka auch mit dem Thema der Vernichtung der Juden auseinander.

Zu sehen sind Rehe, die hinter dem Stacheldraht von Auschwitz-Birkenau grasen. Bambi heißt die Serie, weil zeitgleich mit dem Beginn der Vernichtung Walt Disney seinen gleichnamigen Film drehte. Provokation? Verharmlosung? Oder ein Zugang zum Thema mit den Mitteln der Kunst?

Man muss Arbeiten wie die von Balka oder das aus dem Gropius-Bau entfernte Video nicht überzeugend finden. Aber sie sind eine Position. Solchen Positionen - zwischen den Zeilen - Antisemitismus zu unterstellen ist unerhört. Und es ist ein Totschlagargument. Eigentlich sollten Totschlagargumente nicht entscheiden, was in einer Ausstellung zu sehen ist und was nicht.

Auf der anderen Seite sollten auch polnische Medien nicht vorschnell über die "deutsche Zensur" urteilen. Offenbar war die Zensur im Gropius-Bau mit den polnischen Partnern abgestimmt. Nicht um einen deutsch-polnischen Konflikt geht es bei diesem skandalösen - weil ohne Debatte vollzogenen - Akt, sondern um einen Konflikt zwischen Kunst und Politik.

Grade polnische Künstlerinnen und Künstler erfahren es im eigenen Land am besten - und verteidigen oft genug die Freiheit der Kunst gegen die Zensur durch die katholische Kirche.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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