Kommentar Rede von Theresa May: Krawall-Brexit

Die Briten werden von ihrer Regierung nicht aufgeklärt, sondern auf maximalen Nationalismus eingeschworen. Das kann nicht funktionieren.

Die britische Premierministerin Theresa May

Wie ernst nimmt May ihre eigene Rhetorik? Foto: dpa

Volle Konfrontation! Dies scheint die Maxime der britischen Premierministerin Theresa May zu sein. In ihrer Grundsatzrede zum Brexit war zwar öfters das Wort „Kompromiss“ eingeflochten – aber das war nur Dekoration. In Wahrheit stellte May Maximalforderungen an die Europäische Union. Der Dreiklang heißt: keine Freizügigkeit, keine Anerkennung des Europäischen Gerichtshofs, keine Nettozahlungen. Ende der Durchsage.

Die Frage ist, wie ernst May ihre eigene Rhetorik nimmt. Eine mögliche Lesart ist, dass sie sich nur als entschiedene Verfechterin eines harten Brexits inszeniert, damit sie hinterher den realpolitischen Kompromiss mit den Rest-Europäern besser verkaufen kann. Nach dem Motto: Ich, May, habe hart gekämpft, aber leider war nicht mehr herauszuholen.

Doch das Risiko ist groß, dass sich die Rhetorik verselbstständigt. Die Briten werden von ihrer Regierung nicht aufgeklärt, sondern auf maximalen Nationalismus eingeschworen. May war sich nicht zu schade, die eigenen Nuklearwaffen und den permanenten Sitz im UN-Sicherheitsrat zu erwähnen, um den EU-Europäern nahezulegen, die britischen Konditionen unwidersprochen zu übernehmen.

Dieser Konfrontationskurs kann nicht funktionieren. Beispiel: Nettozahlungen. Anders als die Briten glauben, ist es keine Zumutung, dass sie die ärmeren EU-Länder unterstützen müssen. Denn es ist nur fair. Vom schrankenlosen Handel profitieren vor allem die reichen Länder, weil sie die sogenannten „Skaleneffekte“ nutzen können: Je mehr man produziert, desto billiger wird ein Gut pro Stück. Gegen diese ökonomische Übermacht haben arme EU-Länder selbst dann keine Chance, wenn sie billige Löhne zahlen. Also müssen sie von den reichen EU-Partnern unterstützt werden, damit sie sich entwickeln können.

May stellt die Verhandlungslage völlig falsch dar: Die Briten müssen sich bewegen, nicht die Europäer, wenn es zu einem Kompromiss kommen soll.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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