Kommentar rot-grüne Opposition: Rot-Grün regiert durch

Wie die Opposition die Regierung im Moment vor sich hertreibt, beweist die Bundestagsdebatte zum EFSF. Doch Rot-Grün geraten so in eine Zwickmühle.

Wer regiert eigentlich Deutschland in der europäischen Krise? Mit Recht darf man sich fragen, ob dies noch Schwarz-Gelb tut oder ob nicht längst Rot-Grün übernommen hat; denn wenn heute die Koalitionsspitzen im Parlament für einen schlagkräftigeren Rettungsschirm, also ein Hebelmodell, werben, dann tun sie dies im Wissen, dass sie eine solche Lösung noch vor vier Wochen als Spekulation abgetan haben. Wieder einmal hat die Realität das schwarz-gelbe Krisenmanagement widerlegt, SPD und Grüne haben Recht behalten.

Wie die Opposition die Regierung im Moment vor sich hertreibt, beweist nicht zuletzt die Tatsache, dass heute der ganze Bundestag den Rettungsschirm-Hebel diskutiert. Es ist ein beachtlicher Sieg, dass die Koalition ihre Weigerung, das Thema öffentlich zu diskutieren, nicht durchhalten konnte. Gleichzeitig geraten SPD und Grüne mit ihren Erfolgen in eine - sehr komfortable - Zwickmühle.

Es verwässert das Profil, wenn die Koalition eigene Ansätze mit ein paar Wochen Verzögerung okkupiert - und im Brustton der Überzeugung behauptet, sie habe diese schon immer toll gefunden. Sollten also SPD und Grüne ihr Ja nicht besser verweigern, sich etwa enthalten, weil Schwarz-Gelb Besserverdienende an den Krisenkosten nicht ordentlich beteiligt?

Die Antwort lautet: Eine solche Haltung wäre inkonsequent und unpolitisch. Denn damit hätte die Opposition vielleicht eine Profilneurose ausgelebt, aber keine Verantwortung übernommen. Zur Abstimmung stehen Maßnahmen, die beide Parteien für existenziell halten, um Europa zu retten. Es würde keinem Wähler einleuchten, wenn sie nun ihre Zustimmung verweigerten. Deshalb ist das sich abzeichnende Ja richtig.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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