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Lage in GazaGesunkene Chancen auf eine dauerhafte Waffenruhe

Lisa Schneider

Kommentar von

Lisa Schneider

Gegen die Waffenruhe verstoßen die terroristische Hamas und die israelische Armee. Das wird die Entsendung internationaler Kräfte deutlich erschweren.

Nach einen Luftangriff der israelischen Armee im Lager Al-Shati in Gaza-Stadt am 29. Oktober 2025 Foto: Yousef Al Zanoun/ap

I n den vergangenen Tagen ist die Waffenruhe im Gazastreifen wieder einmal gebrochen worden. Die Hamas tötete einen israelischen Soldaten in der Stadt Rafah, die innerhalb der von Israel kontrollierten Zone liegt. Daraufhin griff das israelische Militär über Nacht Dutzende Ziele in Gaza an; nach palästinensischen Angaben wurden dabei über 100 Menschen – darunter auch viele Frauen und Kinder – getötet.

Das ist fürchterlich, gerade für die Zivilbevölkerung in Gaza, die erneut fürchten musste, die Nacht nicht zu überleben. Es ist nur ein Fall in einer Reihe von Brüchen des Waffenruhe-Abkommens von beiden Seiten. Mittwochmorgen begann die Waffenruhe erneut, aber wir wissen nicht, wie lange sie anhält. Nun stehen die Verhandlungen über die zweite Phase dieses Abkommens an, in der eine Entmachtung der Hamas und die Zukunft des Gazastreifens verhandelt werden sollen. Essenziell für diesen Plan ist die Entsendung internationaler Sicherheitskräfte, die von innen die Einhaltung des Abkommens überwachen sollen. Doch die permanenten Verstöße gegen die Waffenruhe werden eine solche Entsendung wohl deutlich erschweren.

Vor Kurzem gab der jordanische König Abdullah der britischen BBC ein viel beachtetes Interview. Darin sagt er: „Was ist das Mandat der Sicherheitskräfte innerhalb des Gazastreifens? Wir hoffen, dass es sich um die Sicherung von Frieden handelt – denn wenn es um Herstellung von Frieden geht, wird sich niemand daran wagen wollen.“

Das trifft das Problem im Kern. Die Hamas ist weiterhin in der Lage, sogar innerhalb des von Israel kontrollierten Gebiets anzugreifen – das hat sie nun wieder einmal gezeigt. Daraus folgt: Das israelische Militär hat nicht einmal über die von ihm nach eigenen Angaben von der Terrormiliz befreiten Gebiete echte militärische Kontrolle. Der Angriff erfolgte wohl aus einem Tunnel heraus – ob dieser dem Militär bekannt war, ist unklar; es ist aber wahrscheinlich, dass es nicht der Fall war.

Hinzu kommt die offensichtliche starke Hamas-Präsenz auf den Straßen, das brutale Vorgehen gegen ihre Gegner. Und immer wieder der Beschuss in Gaza seitens Israel. Wie soll also in dieser Situation, in der definitiv kein Frieden herrscht, der Frieden gesichert werden? Und welches Land sollte das immense Risiko eingehen, seine Truppen in ein solches Gebiet zu entsenden?

Die anhaltenden Scharmützel lassen die Chance einer tatsächlich langfristigen Waffenruhe mit internationaler Absicherung weiter sinken. Und damit auch die Hoffnungen der Zivilbevölkerungen beider Seiten: in Gaza, dass der Krieg wirklich endet. Und in Israel, dass alle noch in Gaza verbliebenen getöteten Geiseln wirklich zurückgebracht werden.

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Lisa Schneider
Redakteurin für Nahost
Redakteurin für Westasien & Nordafrika. Studium in Beirut, Mainz und Paris. Alumna des Ernst Cramer & Teddy Kollek Programms (IJP) bei Times of Israel.
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12 Kommentare

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  • Das die Hamas gegen die Waffenruhe verstößt, hört man nur von israelischer Seite - und die ist nicht neutral! Es hat sich schon oft gezeigt, auch in der jüngsten Vergangenheit, dass dies von israelischer Seite nicht belegt werden konnte.

  • "Und damit auch die Hoffnungen der Zivilbevölkerungen beider Seiten: in Gaza, dass der Krieg wirklich endet. Und in Israel, dass alle noch in Gaza verbliebenen getöteten Geiseln wirklich zurückgebracht werden." - Das ist sehr asymmetrisch beschrieben - in Gaza ist die humanitäre Lage weiterhin katastrophal, Israel verhindert den freien Zugang von Hilfsgütern, bei Bombardierungen sterben weiter Menschen, Zivilist*innen. Die getöteten Geiseln zurück zu ihren Familien zu bringen ist natürlich wichtig, damit diese Abschied nehmen können. Aber das rechtfertigt doch nicht die weitere Eskalation sowie die Tötung von Zivilist*innen! Zumal in Gaza unter den Trümmern auch noch viele Tote liegen, die noch nicht betrauert werden konnten - und die in den hiesigen Medien auch nicht betrauernswert zu sein scheinen. Israel hält auch weiterhin viele Palästinenser*innen aus Gaza ohne Gerichtsverfahren gefangen, darunter Kinder, Ärzt*innen - all das auch Hindernisse für einen wahren Frieden.

  • >Gegen die Waffenruhe verstoßen die terroristische Hamas und die israelische Armee.<

    entweder



    "Gegen die Waffenruhe verstoßen die terroristische Hamas und die terroristische israelische Armee."



    oder

    "Gegen die Waffenruhe verstoßen die Hamas und die israelische Armee."

    Es ist ja wohl nicht so, dass die idf keine terroristische Organisation ist.

  • Die Frage bleibt noch immer die Informationsqullen? IDF beklagt einen toten Soldaten! IDF ist seit zwei Jahren ist die einzige Info.Quelle des Westens. Solange es dabei bleibt, wird Israel nie den Krieg beenden!

  • Letztlich muss Trump selber Truppen stellen, um seine Friedenspläne nicht zu gefährden. Und er wird, wie auch manch arabischer Herrscher dem türkischen Kollegen gewaltig auf die Füße treten müssen, damit der endlich einsieht, dass er nicht mehr auf die Hamas setzten kann. Sonst bekommen die rechtsnationalen Kräfte in Israel wieder Oberwasser und dann werden nicht nur die restlichen Tunnel im Gazastreifen doch noch geflutet.

  • Frieden könnte nur beginnen wenn die Terrororganisation Hamas anfängt sich zu entwaffnen.

    • @Zippism:

      Das Gleiche gilt für den Staat Israel, der wie eine Terrororganisation agiert und, wie im ersten Absatz dargelegt, Kriegsverbrechen nach Kriegsverbrechen begeht. "Die Hamas tötete einen israelischen Soldaten in der Stadt Rafah, die innerhalb der von Israel kontrollierten Zone liegt. Daraufhin griff das israelische Militär über Nacht Dutzende Ziele in Gaza an; nach palästinensischen Angaben wurden dabei über 100 Menschen – darunter auch viele Frauen und Kinder – getötet."



      Die wahllose Bombardierung von Zivilisten ist ein Kriegsverbrechen. Israel tut dies seit zwei Jahren ungestraft und mit Unterstützung des Westens. Aus Angst, als antisemitisch abgestempelt zu werden, wird Deutschland lieber den Völkermord unterstützen, als sich gegen Israel auszusprechen, dabei wird aber bequemerweise vergessen, dass die Palästinenser letztlich für die Verbrechen der Deutschen leiden.

    • @Zippism:

      Das Gleiche gilt für den Staat Israel, der wie eine Terrororganisation agiert und, wie im ersten Absatz dargelegt, Kriegsverbrechen nach Kriegsverbrechen begeht. "Die Hamas tötete einen israelischen Soldaten in der Stadt Rafah, die innerhalb der von Israel kontrollierten Zone liegt. Daraufhin griff das israelische Militär über Nacht Dutzende Ziele in Gaza an; nach palästinensischen Angaben wurden dabei über 100 Menschen – darunter auch viele Frauen und Kinder – getötet."



      Die wahllose Bombardierung von Zivilisten ist ein Kriegsverbrechen. Israel tut dies seit zwei Jahren ungestraft und mit Unterstützung des Westens. Aus Angst, als antisemitisch abgestempelt zu werden, wird Deutschland lieber den Völkermord unterstützen, als sich gegen Israel auszusprechen, dabei aber bequemerweise vergisst, dass die Palästinenser letztlich für die Verbrechen der Deutschen leiden.

    • @Zippism:

      Ja ganz bestimmt. Die Israelis können es nicht mehr erwarten in Frieden zu leben, sie sind so unschuldige harmlose Menschen.

      • @Flugbesen:

        Die Hamas ist eine Terrororganisation die die Vernichtung Israels möchte. Die Israelis sind eine nicht so homogene Gruppe. Die Mehrheit der Israelis möchte in Frieden leben. Harmlos sind sie auf Grund ihrer historischen Erfahrung nicht und unschuldig macht als Begriff bei so einer großen diversen Gruppe keinen Sinn. Eine entwaffnete Hamas ist eine notwendige Bedingung. Ob das für Frieden reicht? Vielleicht für ein paar Jahre. Aber das wäre ja schon mal was.

      • @Flugbesen:

        Immerhin vertritt die idf westliche Werte (Menschenrechte und so).

        • @A. Müllermilch:

          Wenn mit vertritt drauf treten gemeint ist: Absolut richtig!