Lage in Gaza: Gesunkene Chancen auf eine dauerhafte Waffenruhe
Gegen die Waffenruhe verstoßen die terroristische Hamas und die israelische Armee. Das wird die Entsendung internationaler Kräfte deutlich erschweren.
 
I n den vergangenen Tagen ist die Waffenruhe im Gazastreifen wieder einmal gebrochen worden. Die Hamas tötete einen israelischen Soldaten in der Stadt Rafah, die innerhalb der von Israel kontrollierten Zone liegt. Daraufhin griff das israelische Militär über Nacht Dutzende Ziele in Gaza an; nach palästinensischen Angaben wurden dabei über 100 Menschen – darunter auch viele Frauen und Kinder – getötet.
Das ist fürchterlich, gerade für die Zivilbevölkerung in Gaza, die erneut fürchten musste, die Nacht nicht zu überleben. Es ist nur ein Fall in einer Reihe von Brüchen des Waffenruhe-Abkommens von beiden Seiten. Mittwochmorgen begann die Waffenruhe erneut, aber wir wissen nicht, wie lange sie anhält. Nun stehen die Verhandlungen über die zweite Phase dieses Abkommens an, in der eine Entmachtung der Hamas und die Zukunft des Gazastreifens verhandelt werden sollen. Essenziell für diesen Plan ist die Entsendung internationaler Sicherheitskräfte, die von innen die Einhaltung des Abkommens überwachen sollen. Doch die permanenten Verstöße gegen die Waffenruhe werden eine solche Entsendung wohl deutlich erschweren.
Vor Kurzem gab der jordanische König Abdullah der britischen BBC ein viel beachtetes Interview. Darin sagt er: „Was ist das Mandat der Sicherheitskräfte innerhalb des Gazastreifens? Wir hoffen, dass es sich um die Sicherung von Frieden handelt – denn wenn es um Herstellung von Frieden geht, wird sich niemand daran wagen wollen.“
Das trifft das Problem im Kern. Die Hamas ist weiterhin in der Lage, sogar innerhalb des von Israel kontrollierten Gebiets anzugreifen – das hat sie nun wieder einmal gezeigt. Daraus folgt: Das israelische Militär hat nicht einmal über die von ihm nach eigenen Angaben von der Terrormiliz befreiten Gebiete echte militärische Kontrolle. Der Angriff erfolgte wohl aus einem Tunnel heraus – ob dieser dem Militär bekannt war, ist unklar; es ist aber wahrscheinlich, dass es nicht der Fall war.
Hinzu kommt die offensichtliche starke Hamas-Präsenz auf den Straßen, das brutale Vorgehen gegen ihre Gegner. Und immer wieder der Beschuss in Gaza seitens Israel. Wie soll also in dieser Situation, in der definitiv kein Frieden herrscht, der Frieden gesichert werden? Und welches Land sollte das immense Risiko eingehen, seine Truppen in ein solches Gebiet zu entsenden?
Die anhaltenden Scharmützel lassen die Chance einer tatsächlich langfristigen Waffenruhe mit internationaler Absicherung weiter sinken. Und damit auch die Hoffnungen der Zivilbevölkerungen beider Seiten: in Gaza, dass der Krieg wirklich endet. Und in Israel, dass alle noch in Gaza verbliebenen getöteten Geiseln wirklich zurückgebracht werden.
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