Lance Armstrong: Das langsame Karriere-Ende

Mit juristischen Kniffen versucht Ex-US-Postal-Profi Lance Armstrong gegen Dopinganschuldigungen vorzugehen. Gelingt ihm das nicht, könnte sogar eine Haftstrafe drohen.

Viele Fans sind von den Vorwürfen des Dopings und der Veruntreuung staatlicher Gelder unbeeindruckt. Bild: ap

Lance Armstrong fährt zwei Rennen. Das eine, die Tour de France, ist zur Nebensache geworden. Der einstige Herrscher ist zum Hinterherfahrer herabgesunken. "Wir wollen für Levi Leipheimer den dritten Platz sichern", lautet sein Vorhaben. Bedeutsamer ist die juristische Auseinandersetzung jenseits des Atlantiks.

In New York nimmt die Grand Jury, die die Dopingverdächtigungen gegen das mit Steuergeldern gesponserte Team US Postal untersucht, Kontakt zu früheren Fahrern und Geschäftspartnern von Armstrong auf. Wird sie fündig, dann wäre das Betrug mit Staatsgeldern. Dafür droht Haft.

Parallel dazu hat die Weltantidopingagentur Wada Interpol eingeschaltet. "Die Wada ist keine Ermittlungsbehörde. Aber wir können über die Mechanismen, die wir haben, Ermittlungen befördern und erweitern helfen. Das schließt unsere Kooperation mit Interpol ein", sagte Wada-Generalsekretär David Howman der taz. Howman hält die Anschuldigungen von Floyd Landis für "signifikant".

Ziel des New Yorker Verfahrens ist es, herauszufinden, wer das Geld im Team verteilte und darüber entschied, es für Dopingzwecke zu verwenden. Dass bei US Postal gedopt wurde, ist belegt. Drei Armstrong-Helfer gestanden Epo-Doping ein. Einer ist Frankie Andreu. Ein zweiter Geständiger - er packte wie Andreu in der New York Times aus - zieht die Anonymität vor. Der dritte ist Floyd Landis. Ob das Trio auf eigene Faust dopte oder im Rahmen eines organisierten Programms, ist derzeit noch unklar. Landis Beschuldigungen deuten auf ein systematisches Vorgehen hin.

Die Sportler selbst werden von der Grand Jury zunächst als Zeugen angehört. Geladen sind bisher unter anderen die bei der Tour fahrenden Armstrong und George Hincapie. Beide sicherten ihre Kooperation zu. In den Rang von Beschuldigten treten jene Personen, die das mutmaßliche Dopingprogramm organisiert und Steuergelder dafür eingesetzt haben. Wegen dieser Gefahr versucht das Armstrong-Lager derzeit alles, den Boss zum stinknormalen Pedaltreter zu machen. Doch er verwickelt sich dabei in Widersprüche.

Der New York Times erzählte Armstrong, niemals Miteigentümer des Teams US Postal oder der Besitzergesellschaft Tailwind Sports gewesen zu sein. "Das war nicht meine Firma. Ich hatte keine Anteile. Ich war ein Fahrer im Team, das ist alles", sagte er. Prompt tauchte aus den Tiefen des Internets die Abschrift einer Anhörung Armstrongs aus einer Gerichtsverhandlung aus dem Jahr 2005 auf. Dort bekannte Armstrong, dass ihm 10 Prozent von Tailwind Sports gehören. Armstrongs Anwalt Tim Herman verkündete nun, der Verwaltungsrat von Tailwind Sports hätte im Jahr 2004 beschlossen, Armstrong Anteile zu übergeben, dies aber erst 2007 realisiert. Das wäre dann der Beweis, dass Armstrong mit den Finanzen des 2004 aufgelösten Postal-Rennstalls nichts zu tun gehabt haben könnte.

Andreu, derzeit TV-Kommentator, erinnert sich anders: "Wir sind damals davon ausgegangen, dass Armstrong Mitbesitzer des Teams war", sagte er der taz. Lassen sich dafür Belege finden, wird es eng für Armstrong. Kenner des US-amerikanischen Justizsystems gehen aber davon aus, dass mehrere Jahre bis zu einer Verhandlung vergehen werden. Für eine sportrechtliche Verurteilung wäre es dann zu spät. "Der Antidoping-Code der Wada erlaubt, dass Verletzungen des Codes bis zu acht Jahre nach den Ereignissen verfolgt werden können", teilte Wada-Generalsekretär Howman mit. Die Zeit läuft für Armstrong.

Darauf scheint ebenfalls die Tour de France zu setzen. Tour-Chef Christian Prudhomme wollte keine Antwort auf die Frage nach Imageschäden geben. "Die Tour verschließt die Augen davor, weil sie auf Armstrong angewiesen war. Seine Rückkehr ließ die Zuschauerzahlen wieder ansteigen", erklärt Le-Monde-Reporter Mustapha Kessous. Er sieht es allerdings als eine neue Qualität an, dass sich die Richtung der Ermittlungen jetzt umgedreht hat. "Vor fünf Jahren kamen die Dopinganschuldigungen gegen Armstrong aus Frankreich. In den USA passierte nichts. Jetzt kommen neue Impulse aus den USA", sagt er.

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