Luftverschmutzung durch Feinstaub: Paris wird das neue Peking

Wegen akuter Luftverschmutzung werden in der französischen Hauptstadt nun Fahrverbote verhängt. Das reicht nicht, sagen Umweltschützer.

Wahrzeichen hinter Feinstaub. Bild: ap

PARIS taz | Die französische Regierung verhängt wegen der anhaltenden Luftverschmutzung drastische Verkehrsbeschränkungen in Paris: Ab dem heutigen Montag dürfen nur die Motorfahrzeuge mit ungeraden Ziffern auf ihrem Nummernschild fahren, am Tag darauf sind es die Fahrzeuge mit geraden Zahlen. Auf Zuwiderhandlung stehen Geldstrafen von bis zu 75 Euro, zudem droht die Polizei damit, die Autos der Undisziplinierten auf der Stelle zu blockieren.

Seit Tagen hängt eine Dunstglocke über der Stadt. Die Verschmutzung durch feinste Staubpartikel ist mit bloßem Auge sichtbar. Eine stabile Hochdruckzone, die die nördliche Landeshälfte mit mildem Frühlingswetter beglückt, hat zu der deutlichen Verschlechterung der Luftqualität geführt. Das Resultat: Viele Menschen klagen über Reizungen der Schleimhäute.

Die Behörden raten unter Asthma und anderen Krankheiten der Atemwege leidenden Menschen sowie Älteren und Kleinkindern, sich so wenig wie möglich draußen aufzuhalten. Allen anderen wird empfohlen, auf intensive sportliche Aktivitäten zu verzichten. Ärzte warnen, dass die winzigen Staubpartikel mit weniger als zehn Mikrometer Durchmesser als krebserregend gelten. Und nicht nur Paris ist betroffen: Bis hin zu den Bergtälern Savoyens und der Küste des Atlantiks werden derzeit ungesunde Werte von Luftverschmutzung gemessen.

Verantwortlich für die aktuell hohen Feinstaubwerte ist aber nicht nur die Wetterlage. Sie hat das latente Problem der Luftverschmutzung lediglich verschärft. Neben der Heizung und der Industrie werden vor allem die in Frankreich besonders stark verbreiteten Dieselfahrzeuge für die hohen Emissionen der feinen Partikel verantwortlich gemacht.

Die Regierung setzt zur Senkung der Feinstaubwerte nicht nur auf Fahrverbote. Schwere Lkws dürfen nicht mehr ins Zentrum fahren, außer zur Lieferung verderblicher Güter. In Paris und mehreren anderen Städten im Westen und Norden sind vorübergehend Bus und Metro, aber auch die Benutzung der Mietfahrräder „Vélib“ und Elektromobile „Autolib“ kostenlos.

Pendler protestieren

Gebührenfrei ist außerdem das Parken. Auf der Ringautobahn um Paris ist zudem die Höchstgeschwindigkeit von 70 auf 60 Kilometer pro Stunde gesenkt worden. Ob die Maßnahme zur Reduzierung des Straßenverkehrs besser respektiert wird als beim letzten Mal im Jahr 1997, ist unklar. Umstritten ist die Anordnung jedenfalls: Pendler aus den Vororten protestieren, weil sie nicht auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen könnten.

Aus der Sicht von Umweltorganisationen bekämpfen die Maßnahmen zwar die Symptome, aber nicht die Ursachen. Sie wollen mit einer Klage dauerhafte Änderungen durchsetzen – zum Beispiel Gebühren für die Nutzung innenstädtischer Straßen oder gleich eine autofreie Innenstadt.

Zwar hat die rot-grüne Stadtregierung begonnen, die Vorherrschaft der Autos infrage zu stellen, und Busspuren und Fahrradwege eingerichtet. Dennoch wird Frankreich regelmäßig wegen der Nichteinhaltung europäischer Vorgaben zur Luftreinheit in seinen Städten gewarnt, auch eine Klage droht.

Laut der Europäischen Umweltagentur ist auch Belgien von der hohen Schadstoffkonzentration betroffen, auch in zahlreichen Regionen im Südwesten Deutschlands lagen die Werte am Wochenende über dem Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft.

Einem Bericht der Umweltagentur vom vergangenen Jahr zufolge sind neun von zehn Stadtbewohnern in der Europäischen Union Luftschadstoffen in Konzentrationen ausgesetzt, die als gesundheitsschädlich gelten.

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