Memoiren von Epstein-Opfer Giuffre: Viel Dreck und ein paar Namen
In dem postum erschienen Buch „Nobody's Girl“ belastet Virginia Giuffre wenige einflussreiche Männer schwer. Viele Ungeheuerlichkeiten nahm sie wohl mit ins Grab.
 
Mit Spannung war das Buch des Epstein-Opfers Virginia Giuffre erwartet worden. Leider weniger aus Interesse für die Autorin, die sich 2025 mit 41 Jahren das Leben nahm und die schon seit ihrer Kindheit sexualisierte Gewalt erlitten hatte, durch den Vater und viele andere. Giuffre, geborene Roberts, war vor allem das bekannteste Opfer des Sexhandelrings, den der US-Milliardär Jeffrey Epstein und seine Gehilfin Ghislaine Maxwell betrieben.
Viele erhofften sich von dem postum unter dem Titel „Nobody’s Girl“ erschienenen Memoire spektakuläre Enthüllungen: Über prominente Kunden, deren Namen man bisher noch nicht kannte, endgültig Überführendes über Prinz Andrew – oder sogar über US-Präsident Trump, der wegen seiner Freundschaft zu Epstein unter Druck steht?
In dieser Hinsicht liefert „Nobody’s Girl“ kaum Neues. Nur wenige derer, die Giuffre in ihrer Zeit als Sexklavin des Duos „bedienen“ musste, nennt sie beim Namen: Den französischen Modelagenten Jean-Luc Brunel, den MIT-Wissenschaftler Marvin Minsky oder eben Prinz Andrew, mit dem sie laut ihren Angaben drei Mal Sex hatte, was der Royal vehement bestritt, an Giuffre aber dennoch eine hohe außergerichtliche Zahlung leistete – Giuffre schildert, dass Andrew Privatermittler anwies, „Dreck“ ausfindig zu machen, um sie zu diskreditieren.
Sie heißen nur „Milliardär“ oder „Premierminister“
Andere Kunden Epsteins nennt die später nach Australien ausgewanderte Mutter dreier Kinder, die der Öffentlichkeit als unermüdliche Anklägerin bekannt wurde, nicht beim Namen. Sie heißen im Buch nur „Milliardär“ oder „der Premierminister“. Letzteren musste sie zweimal treffen, er vergewaltigte sie offenbar sadistisch, schlug und würgte sie bis zur Bewusstlosigkeit.
Zahlreiche Medien haben sich inzwischen auf die Spur dieses Prominenten gesetzt. Nach Angaben der <i>New York Post</i> soll es sich um einen ehemaligen israelischen Premierminister handeln, den Giuffre im Prozess gegen Epstein namentlich nannte, was dessen Anwälte aber nachhaltig unterbanden. Virginia Giuffre nahm wohl viele Ungeheuerlichkeiten mit ins Grab – und wohl auch die Hoffnung auf umfassende Aufarbeitung des Menschenhändlerrings von Epstein und Maxwell.
Letztere scheint sich in letzter Zeit kooperativ zu zeigen und wurde von Trump kürzlich in eine Haftanstalt mit geringerer Sicherheitsstufe verlegt; durch ihr Wissen verfügt die Sexualverbrecherin, die sich, anders als ihr Kompagnon Epstein, der Verantwortung nicht durch Suizid entzogen hat, über die Macht, Karrieren zu beenden. Virginia Giuffre hat mit ihrem Buch einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, diesen perfiden Sexhändlerring im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu halten.
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