Nahverkehr: S-Bahn bringt Koalition aus der Spur

Die SPD-Fraktion will prüfen, ob BVG 2017 den Betrieb übernehmen kann. Für den Koalitionspartner CDU kommt das nicht in Frage.

Mal fährt sie, mal fährt sie nicht, mal fährt sie, mal fährt sie nicht ... Bild: dpa

Die Zukunft der S-Bahn ist verworrener denn je. Nachdem das Kammergericht die laufende Ausschreibung als zu kompliziert kritisierte, soll der Senat auf Beschluss der SPD-Fraktion nun zwei Dinge parallel prüfen: Ob erstens die BVG ab 2017 den kompletten S-Bahn-Betrieb übernehmen kann und zweitens die Auschreibung mit Änderungen zu retten ist. Koalitionspartner CDU lehnt die direkte Vergabe an die BVG oder ein neues landeseigenes Unternehmen ab.

Vergaberichter des Kammergerichts hatten dem Land Berlin am Donnerstag nahe gelegt, eine neue, einfachere Ausschreibung zu starten. Geklagt hatte die Deutsche Bahn als Mutterfirma der S-Bahn-GmbH. Sie mochte die lange Laufzeit nicht hinnehmen, die die Ausschreibung vorsieht: Der künftige Betreiber soll seinen Wagenpark nach Ende der 15-jährigen Vertragslaufzeit einem anderen Unternehmen für die folgenden 15 Jahre überlassen müssen, falls der Vertrag nicht verlängert wird. Das Kammergericht hat angekündigt, den Europäischen Gerichtshof einzuschalten, weil EU-Vorgaben verletzt sein könnten. Dessen Urteil wäre nach gängiger Meinung aber erst in frühestens zwei Jahren zu erwarten.

Verkehrssenator Michael Müller (SPD) hatte bereits in der Senatssitzung am Vormittag seinen Kollegen über die neue Situation berichtet und tat das am Nachmittag auch in den Koalitionsfraktionen. „Das Ausschreibungsverfahren läuft nach wie vor“, sagte Vize-Senatssprecher Bernhard Schodrowski nach der Kabinettssitzung.

SPD-Fraktionschef Raed Saleh nannte die beiden Prüfaufträge „zwei Optionen, die die Fraktion beschlossen hat“. Auf die Frage, welche Option Vorrang habe, sagte er: „Es ist momentan gar keine Entscheidung notwendig.“ Man habe einen Plan A und einen Plan B. „Es ist immer gut, auf zwei Beinen zu stehen“, sagte Saleh.

Auch wenn der Koalitionsvertrag von 2011 keine direkte Vergabe an die BVG vorsieht, sah Saleh keinen Konflikt mit dem Koalitionspartner CDU: Man sei konform dem Vertrag. Der sah ein Verfahren vor, das in die im vergangenen Juni gestartete Teilausschreibung mündete. Wer sie gewinnt, soll die Ringbahn betreiben. Eine Mehrheit in der SPD hatte sich noch kurz vor dem Start der Ausschreibung vergeblich gegen die Möglichkeit gewandt, dass private Unternehmen den Betrieb übernehmen. Saleh setzte am Dienstag auf sein bislang gutes Auskommen mit der CDU: „Wir werden uns wie immer mit dem Koalitionspartner einig werden.“

Dessen Fraktion tagte parallel im anderen Flügel des Abgeordnetenhauses und sah das ganz anders. Eine direkte Vergabe an die BVG kommt für CDU-Verkehrspolitiker Oliver Friederici nicht in Frage: „Aus heutiger Sicht: Nein.“ Seine Argumente Der BVG fehle das Eisenbahn-Know-how, zudem würde das Ganze deutlich teurer werden.

Die Opposition lehnte den Weg der SPD-Fraktion ab. Exwirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) drängte, die Ausschreibung zu beenden, einen landeseigenen Wagenpark aufzubauen und von einem landeseigenen Unternehmen betreiben zu lassen. Auch die Grünen wollen einen solchen Wagenpark: Wer damit fährt, soll aber Ergebnis einer Ausschreibung sein. Damit wollen die Grünen erreichen, einem Betreiber bei schlechter Leistung kündigen und die Wagen einem Nachfolger übergeben zu können. Eine Kündigung der S-Bahn-GmbH ist derzeit trotz vieler Ausfälle nicht möglich, weil kein anderes Unternehmen über die nur in Berlin einsetzbaren Wagen verfügt.

Die SPD-Fraktion lehnt den Grünen-Weg ausdrücklich ab. Dann würden Finanzinvestoren den Betrieb übernehmen, sagte Saleh. Das rief Grünen-Vize-Fraktionschef Stefan Gelbhaar Kopfschütteln hervor: Die Angebote würden doch darauf hin geprüft, ob die Bewerber Fachkompetenz mitbrächten.

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