Pädagogin Birgit Rommelspacher ist tot: Streiterin wider die Dominanzkultur

Sie war Wissenschaftlerin, mischte aber stets in aktuellen Debatten mit. Nun ist die Psychologin und Feministin Birgit Rommelspacher gestorben.

„Psychologie und Macht“ war ihr Lebensthema: Birgit Rommelspacher. Bild: Diana Grothues/Alice Salomon Hochschule Berlin

BERLIN taz | Die Kontroverse hat sie nicht gescheut, im Gegenteil. Lustvoll zog Birgit Rommelspacher in die Auseinandersetzung, so manches Mal auch in der taz. Einmal, es war 2010 und die Islamdebatte tobte, stellte die Berliner Psychologie-Professorin recht pointiert „eine Affinität des antimuslimischen Feminismus mit rechten Strömungen“ fest und trat damit Islamkritikerinnen wie Necla Kelek, Seyran Ates und Ayan Hirsi Ali heftig gegen das Schienbein – worüber sich in der aufgeheizten Debatte nicht nur das FAZ-Feuilleton erregte.

Rommelspacher, die aus der oberschwäbischen Provinz stammte und ihre Seminare oft mit einem „Sodele“ begann, arbeitete stets zu politisch umkämpften Themen: Antisemitismus und Rechtsextremismus, Erinnerungskultur und Feminismus, kulturelle Dominanz und interkulturelle Perspektive in der Sozialarbeit. „Psychologie und Macht“, das war, kurz gesagt, ihr wissenschaftliches Lebensthema. Sie trieb die Frage um, wie sich Machtverhältnisse in Gefühlen sowie im Denken und Handeln von Menschen umsetzen und wie diese wiederum die Machtverhältnisse reproduzieren.

Rommelspacher, die in München in Psychologie und Pädagogik promovierte und sich mit dem Thema „Mitmenschlichkeit und Unterwerfung“ bei den Erziehungswissenschaftlern an der TU Berlin habilitierte, war viele Jahre lang Professorin an der Alice Salomon Hochschule in Berlin.

Sie prägte den Begriff „Dominanzkultur“, forderte, dass sich Weiße ihre Privilegien bewusst machen, und hatte ein breites Verständnis von Sozialarbeit: Sie konzipierte den Masterstudiengang „Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession“ mit und initierte „Berlin meets Haifa“. Bei dem einjährigen Projekt treffen israelische und palästinensische Studiernde auf solche aus Berlin.

Die 68erin und Feministin aber war nie nur Wissenschaftlerin, sondern mischte sich stets auch in die gesellschaftliche Debatte ein. Für ihr „waches Engagement für Demokratie, Frieden und soziale Gerechtigkeit“ erhielt sie 2009 die Louise-Schroeder-Medaille des Landes Berlin.

Birgit Rommelspacher ist am 15. April plötzlich und unerwartet gestorben. Zu Beginn des Monats erst hatte die 69-Jährige eine Seniorprofessur für Sozialpsychologie an der Goethe-Universität in Frankfurt/Main angetreten.

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