Parteitag der KP in Vietnam: Harter Kampf zweier Linien

Die überalterte Führung von Partei und Staat muss ersetzt werden. Das geht nicht ohne Blessuren ab. Und es gibt Gerüchte um den Parteichef.

Ein Mensch mit Hut und Mundschutz läuft auf der Straße vor einem Plakat

Alle fünf Jahre ist es die Großveranstaltung in Vietnam: der Parteitag der KP. Das 70-jährige Jubiläum wird auf dem Plakat in Hanoi gefeiert. Foto: dpa

BERLIN taz | An diesem Donnerstag beginnt der XII. Parteitag der allein herrschenden KP. Schon seit Wochen bereiten landesweit Plakate und Banner die Bevölkerung auf das nur alle fünf Jahre stattfindende Großereignis vor. Doch weil sich zwei Fraktionen bei der Postenbesetzung gegenseitig blockieren, sind keine Details nach außen gedrungen.

Dennoch meldete die amtliche Nachrichtenagentur VNA, das 14. Plenum des Zentralkomitees habe einen „überwältigenden Konsens“ erzielt. Es sei in „verantwortlicher und demokratischer Manier“ diskutiert worden, wird KP-Chef Nguyen Phu Trong zitiert. Das geheim tagende Plenum sollte vorab die Personalentscheidungen treffen.

Die vier höchsten Ämter in Partei und Staat (KP-Generalsekretär, Staatspräsident, Ministerpräsident und Vorsitz der Nationalversammlung) sowie etwa die Hälfte des 16-köpfigen Politbüros und des 197-köpfigen Zentralkomitees sind aus Altersgründen neu zu besetzen.

Doch schon bei einer geheimen Sitzung im Dezember konnten sich beide Fraktionen, die als konservativ und prochinesisch und als liberal und proamerikanisch bezeichnet werden, nicht einigen. Der für Anfang Januar vorgesehene einwöchige Parteitag wurde verschoben. Stattdessen brodelt die Gerüchteküche, vor allem in den sozialen Netzwerken. Diese werden in Vietnam weniger zensiert als in China.

Zurzeit dominiert das Gerücht, Parteichef Trong werde trotz seiner 71 Jahre weitere zwei Jahre im Amt bleiben. Abtreten soll hingegen der bisherige Ministerpräsident Nguyen Tran Dung (66). Im Unterschied zum orthodoxen Trong gilt Dung als amerikafreundlicher Wirtschaftsreformer. In seinen zwei Amtszeiten trat Vietnam der Welthandelsorganisation bei und dem Freihandelsabkommen Trans Pacific Partnership (TPP). Hanoi erhofft sich davon eine Reduzierung der wirtschaftlichen Abhängigkeit von China.

Vetternwirtschaft und Korruption

Der wirtschaftsliberale Dung, der aus Vietnams südlichster Provinz stammt, steht aber auch für Vetternwirtschaft und Korruption. Vor einigen Jahren war er für die gigantische Überschuldung der staatlichen Schiffswerft verantwortlich gemacht worden. Die hatte zur Herabstufung der Bonität des Landes geführt. Damals beschloss das Politbüro, Dung zu entmachten. Doch das Zentralkomitee, das er im Laufe der Jahre mit Vertrauten bestücken konnte, hob den Beschluss wieder auf.

Die KP hat für ihre Ämter eine Altersgrenze von 65 Jahren gesetzt, Ausnahmen sind aber möglich. Deshalb wurde erwartet, dass der ehrgeizige Dung nicht nur KP-Chef, sondern auch Staatspräsident wird. Dann wäre er Vietnams mächtigster Politiker seit 30 Jahren und erster Präsident aus dem Süden. Doch treffen die jetzigen Gerüchte zu, hat Dung den Machtkampf verloren. Würde er in Pension geschickt, dürfte sein sogar fünf Jahre älterer Widersacher Trong aus dem Norden die Partei mit 4,5 Millionen Mitgliedern für begrenzte Zeit weiter führen.

Dafür rücken zwei Vertraute Dungs auf: der bisherige Minister für öffentliche Sicherheit, General Tran Dai Quang, soll Staatspräsident werden, Dungs bisheriger Stellvertreter Nguyen Xuan Phuc neuer Regierungschef. Präsidentin der Nationalversammlung soll die bisherige Vizepräsidentin Nguyen Thi Kim Ngan werden. Damit bekäme erstmals eine Frau einen der vier Topposten.

Diese werden bis auf den Parteichef offiziell erst von der Nationalversammlung vergeben, die spätestens sechs Monate nach dem Parteitag neu gewählt werden muss. Da aber Vietnams KP über dem Staat steht und 90 Prozent der Abgeordneten Mitglieder der KP sind, vergibt sie die Posten. Das will keine Fraktion ändern.

„Im Großen und Ganzen wird sich nichts ändern, aber das Tempo der Reformen wird langsamer und sie werden weniger Substanz haben“, sagt Le Hong Hiep vom Institut für Südostasienstudien in Singapur. Doch die großen Herausforderungen wie Korruptionsbekämpfung, die Transformation des Wachstumsmodells und die Verringerung der wirtschaftlichen Abhängigkeit von China ließen sich nur mit einer geeinten und starken Führung bewältigen, so Hiep.

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